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 de DC4FS @ DC4FS.#NDS.DEU.EU (Rüdiger, @DB0CL)
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Tiefdrucklagen sind mit Schlechtwettergebieten identisch. Während in einem
Hochdruckgebiet die Luft aus größerer Höhe herabsinkt und dadurch Wolkenauf-
lösung eintritt, kommt es in einem Tiefdruckgebiet zum entgegengesetzten
Vorgang. 
Die von allen Seiten in ein Tief einströmende Luft wird zum Aufsteigen 
gezwungen, Wolkenbildung und Niederschläge sind die Folge. Jedes Tief ist
ein mehr oder weniger mächtiger Wirbel, dem kalte Luft aus nördlichen und
warme Luft aus südlichen Gegenden zuströmt. Diese verschiedenen Luftmassen,
die kalte schwerere und die warme leichtere, sind die Ausgangsbasen der
Wetterfronten. Jedes Tief hat in seinem Hauptstadium eine Warm- und eine 
Kaltfront. Stellen wir uns einmal das Zentrum eines Tiefs als "Radnabe" vor, 
aus der zwei Speichen seitwärts wegstreben. Die nach Süden verlaufende 
entspräche der Warmfront, die zweite, etwa westwärts wegstrebende Speiche der 
Kaltfront.
Der Winkel zwischen Warm- und Kaltfront, der verschieden weit sein kann, wird
als Warmsektor bezeichnet. Sowohl auf der Vorderseite der Warmfront wie auch
auf der Rückseite der Kaltfront lagert kältere Luft. Und damit kommt es zu den
an die Fronten gebundenen Niederschlägen: Auf der Vorderseite überströmt die
Warmluft die kältere Luft, wobei es zu Aufgleitbewölkung und Niederschlägen,
dem sog. Landregen kommt, an der Rückseite hingegen sind die Verhältnisse
viel dramatischer: Die Kaltluft drängt aktiv gegen die vorgelagerte Warmluft
des Warmsektors vor. Dabei kommt es zu kräftiger Bewölkung mit böigen Winden,
nicht selten von Gewittern begleitet, und zu Niederschlägen in Schauerform.

Da die Kaltfront eine größere Geschwindigkeit als die Warmfront besitzt,
holt sie diese allmählich ein. Das geht reißverschlußartig. Der Warmsektor
wird immer schmaler und verschwindet schließlich ganz vom Erdboden. Zugleich
geht dem Tief die Puste aus, es füllt sich auf, wie man sagt, weil die 
Temperaturgegensätze sich ausgleichen. Unseren derzeit zu milden Winter 
verdanken wir atlantischen Tiefdruckgebieten im Raume Island, Schottland und 
Norwegen.
Diese Tiefdruckgebiete saugen polare Kaltluft aus dem grönländischen Raume
an oder aus dem Gebiet des europäischen Nordmeeres. Diese Kaltluft strömt
weit nach Süden und erwärmt sich über dem Atlantik dabei. Wenn sie bei uns
eintrifft, hat sie immerhin bereits eine Temperatur von 2 bis 5 Grad C.
Auf der Südseite der Tiefdruckgebiete strömen sehr milde Luftmassen, die 
zudem meist auch feuchter sind, zum Zentrum des Tiefs. Die Temperaturen 
steigen desshalb in den Warmsektoren bis auf 10 Grad und mehr. 
Solange sich die Lage und die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete kaum ändern, 
bleibt unser Wetter wie gehabt. Das Azorenhoch hat wie immer einen großen 
Anteil an dieser Situation. Es liegt weit südlich oder südwestlich der 
Azoren und hält somit an seiner Nordflanke den Atlantik frei für die 
Verfrachtung ständig neuer atlantischer Luftmassen in Richtung Europa.
Daher kommt es, daß das gewaltige Schaufelrad mit seiner Nabe, 
dem Zentraltief, uns jeden Tag auf der Wetterkarte ein ähnliches Bild
präsentiert wie schon seit vielen Wochen:
Die Wolken bewegen sich in einem großen Kreise entgegengesetzt des Uhrzeigers
wie die Verkleidung eines Riesenrades. Solange wir an der Südseite dieses
Riesenrades verbleiben, gibt es bei uns keinen Winter, weil sich
die Strömungsverhältnisse der Luftmassen nicht ändern. Erst wenn der Nachschub
an kalter Polarluft versiegen sollte, oder wenn sich das Azorenhoch entschei-
dend verlagert, ändern sich auch die Strömungsverhältnisse über Europa.
In diesem Winter haben wir eine besonders hartnäckige und lang anhaltende
Konstellation der großräumigen Luftdruckgebilde, deshalb dieses Wetter.
Bis in den Sommer hinein wird diese Konstellation mit einiger Sicherheit
nicht andauern, März, April und Mai können uns noch verspätete Kälte, die
auch länger anhalten kann, bescheren, auch wenn die Jahreszeit dann Frühling
heißt.


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 19.05.2024 03:12:48lGo back Go up