OpenBCM V1.07b12 (Linux)

Packet Radio Mailbox

DB0FHN

[JN59NK Nuernberg]

 Login: GUEST





  
DL4AI  > IMKER    28.11.98 16:30l 215 Lines 10022 Bytes #999 (999) @ DL
BID : SB8DB0MAK00R
Read: DK3CZ DG5NW DG4BUL DH2LA DH1NGL DL4AI DG1MLU DJ1ZT GUEST DB1YAK
Subj: Schmetterlinge
Path: DB0MAK
Sent: 981128/1325z @:DB0MAK.#BAY.DEU.EU [Marktredwitz, JO60BA] Bcm1.40j
From: DL4AI @ DB0MAK.#BAY.DEU.EU  (Günter)
To:   IMKER @ DL
Reply-To: DL4AI @ DB0VER.#NDS.DEU.EU
X-Info: No login password

Liebe Imkerkollegen und Funkfreunde!

Vor einiger Zeit habe ich einmal einen Artikel für eine Zeitung über
Schmetterlinge geschrieben.
Da es sich hier ja auch um Insekten handelt, die in einem bestimmten Stadium
vom Nektar der Pflanzen leben und auch eine ähnliche Entwicklung wie die 
Wachsmotten durchmachen, will ich den Bericht in dieser Rubrik einspielen.



       
          Schmetterlinge - sie tanzen nur einen Sommer
                     Wie lange noch?

Haben Sie es nicht auch schon einmal erlebt? Sie
gehen an einem warmen Sommertag über eine Wiese und
plötzlich fliegt lautlos etwas vorbei. Taumelig- wie vom
Wind getrieben fliegt es wie ein Gaukler - scheinbar
ziellos - und landet dann doch zielstrebig auf einer 
Blume. Die Flügel breiten sich aus, und wer genauer 
hinsieht, entdeckt die herrliche Farbenpracht auf den 
Flügeln  eines Schmetterlings. Die meisten Menschen 
bemerken nur Lebewesen, die größer sind und lautstark auf 
sich aufmerksam machen. Deshalb wird es auch kaum 
wahrgenommen, daß viele Schmetterlingsarten durch die 
Schuld der Menschen aussterben. Eine wesentliche Ursache 
für den Rückgang der Schmetterlinge ist der großzügige 
Einsatz von Giften in der Landwirtschaft und im Garten, 
die hohen Emissionen im Verkehr und bei Verbrennungsan-
lagen. Es wäre zu einfach, wenn man jetzt die Landwirte 
für den Artenschwund verantwortlich machen würde. Auch sie 
sind heute gezwungen nach den politischen Rahmenbedingun-
gen zu produzieren und kämpfen oftmals auch um das 
Überleben. Sie könnten aber doch einen wesentlichen 
Beitrag zur Arterhaltung leisten.

Auf der ganzen Welt gibt es ca. 170.000 Arten  von
Schmetterlingen. Man unterscheidet zwischen Tag- und
Nachtfaltern. Die schönsten Schmetterlinge leben im
indoaustralischen Faunengebiet, welches Neuguinea,
Australien, Neuseeland, Tasmanien und die Pazifischen
Inseln umfaßt. In Deutschland gibt es ca. 200 Arten von
Tagfaltern. Nach Norden nimmt die Anzahl ständig ab.

Schmetterlinge leben von Pflanzen, die meisten sind auf
das Vorhandensein einer ganz bestimmten Pflanze
angewiesen.  Besonders im Raupenstadium ist die Existenz
mancher Tagfalter von speziellen Pflanzen abhängig.
Schmetterlinge leben vom  Nektar der Blüten, von dem Saft
überreifer Früchte und von Honigtau. Wer etwas genauer
hinsieht kann beobachten, daß  Schmetterlinge einen
aufrollbaren Rüssel haben, der aufgerollt wie eine
Uhrfeder aussieht. Dieser Rüssel besteht aus zwei Hälften
und wird durch ineinandergreifende Borsten zusammengehal-
ten. Durch klebrigen Honigsaft könnte sonst die lange
Röhre verstopfen. Der Schmetterling hat somit die
Möglichkeit, den Rüssel aufzuklappen und zu reinigen. Am
Kopf können wir auch die großen runden Augen erkennen. Das
Auge besteht aus vielen Teilaugen. Bei einem
Totenkopffalter besteht diese z. B. aus 12400 Teilaugen,
von denen jedes ein Bild aufnimmt. Da die Linsen der
Teilaugen sechseckig sind, spricht man auch von
Facettenaugen. Die Schmetterlinge können sehr gut sehen.
In Versuchen wurde festgestellt, daß sie Farben und
besondere Formen von Blütenmodellen und gemalten Blüten
erkennen. Die Fühler der Schmetterlinge sind besonders
wichtige Organe. Sie tragen Sinnesborsten und -haare. Hier
ist der ausgeprägte Geruchs- und Tastsinn untergebracht.
Nachtfaltermännchen können die Weibchen auf erstaunlich
langen Entfernungen riechen. Auf diesem Gebiet vollbringen
die Tiere Leistungen, die für uns Menschen unvorstellbar
sind. Am Brustteil hat der Schmetterling vier Flügel und
drei Beinpaare.

Schmetterlinge legen manchmal ihre Eier im Fluge ab.
Meistens heften sie aber ihre Eier direkt an den
Blattstielen der Pflanzen ab, die der Raupe als
Futterpflanze dienen. Die Eier  werden mit einem Sekret
angeheftet. Bei manchen Arten wie dem  Rutenspanner -
schlüpfen die Raupen schon nach zwei Tagen. Bei anderen
Arten nach 10 bis 30 Tagen oder auch erst im nächsten
Frühjahr. Die Raupen ernähren sich überwiegend von
Blättern. Viele Raupen sind monophag, d. h. sie fressen
nur eine einzige Pflanzenart. Der ganze Lebensinhalt der
Raupe besteht aus Fressen, Fressen und nochmals Fressen.
Da ihre Chitinhaut dann zu eng wird und nur begrenzt
dehnbar ist, fährt die Raupe mehrmals "aus der Haut".

Raupen haben viele Feinde. Vögel und Spitzmäuse
leben von ihnen. Wespen ernähren sich von Raupen oder
nutzen diese zur Fortpflanzung indem sie ihre Eier mit
ihrem  Legestachel in den Leib einer Raupe ablegen. Die
Raupe lebt weiter, manchmal noch bis zur Verpuppung.
Zum Schutz lassen sich viele Raupen bei der geringsten
Bewegung zu Boden fallen und verkriechen sich schnell.
Einige Raupen sind auch durch ein dichtes Haarkleid
gschützt. Die besonders durch ihre grelle Farbe
auffälligen haben mit Gift gefüllte Drüsenhaare, die bei
Berührung eine unangehme Reizung hervorrufen. Andere
Raupen rollen sich zum Schutz in dem Blatt der
Futterpflanze ein. Vielleicht haben Sie ja auch schon
einmal gesehen, wie die Raupe des Buchenspanners steif von
einem Ast absteht. Dadurch wird sie als kleiner Aststummel
angesehen. Die Raupe des Buchenspinners ist leicht mit
einem verdorrten Buchenblatt zu verwechseln. Aber einige
Raupen sind auch - wie ich schon sagte - sehr auffällig.
Es sind Warnfarben - friß mich nicht, ich bin
ungenießbar!. Einige Raupen können auch drohende
Schreckstellungen einnehmen und gebärden sich wie kleine
Ungeheuer. Wenn die Gabelschwanzraupe bei Gefahr ihren
Kopf einzieht, erscheint auf dem Körper eine fratzenartige
Zeichnung. Am Leibesende schießen zwei rote Fäden hervor,
mit denen die Raupe wild herumfuchtelt.

Nach einer gewissen Zeit, etwa 30 Tagen kommt die Zeit
der Verpuppung. Die Raupe sucht sich einen geeigneten
Platz an einem Stengel ihrer Nahrungspflanze. Dort
befestigt sie ihr letztes Beinpaar mit selbstgesponnenen
Fäden. Unter der Haut bildet sich eine Puppenhülle und die
Haut wird abgestreift. In der Puppenhülle erfolgt die
Verwandlung (Metamorphose) zum Schmetterling. Nach etwa 14
Tagen schlüpft aus der geplatzten Hülle ein noch etwas
zerknitterter Schmetterling. Die Muskeln pressen dann Luft
und Blutflüssigkeit in die Adern der Flügel und nach
wenigen Minuten ist der Schmetterling zu seiner vollen
Schönheit entfaltet.

Schmetterlinge haben keine Mundwerkzeuge und brauchen
daher wieder andere Nahrung. Sie sind nicht so
wählerisch wie die Raupen. Doch sie benötigen genügend
Futter. Sind allerdings zuwenig Saugblüten vorhanden, so
stirbt eine Art aus. Manchmal auch dann, wenn einige
hundert Meter entfernt viele Blüten dieser Pflanze
vorhanden sind. Viele Tagfalter sind so an
iheren Standort gebunden, daß sie eine benachbarte
Futterquelle nicht erreichen können.

Andererseits ist interessant und bewundernswert die
Migration einiger Schmetterlingsarten. Die Falter fliegen
bei günstigen Windrichtungen von Afrika bis nach
Skandinavien.

Wie kompliziert die Zusammenhänge in der Natur sind
zeigt folgendes Beispiel. Die Raupen des
Schwarzgefleckten Bläulings werden von einer ganz
bestimmten Ameisenart in ihrem Bau gepflegt, weil diese
Raupe den Ameisen dafür einen begehrten Trunk liefert. Die
Raupe darf sich dafür von den Ameisenlarven ernähren.
Andere Raupen werden von den Ameisen meistens getötet und
gefressen, doch die Bläulingsraupe wird noch mit der
eigenen Brut gefüttert. Diese Spezialisierung hat leider
auch eine Kehrseite. Wenn diese Ameisenart nicht vorhanden
ist, kann der Schmetterling sich auch nicht vermehren. In
England war dieser Schmetterling trotz aller
Schutzbemühungen ausgestorben. Auch in großangelegten
Naturschutzgebieten wollte eine Einbürgerung nicht
gelingen. Die erforderliche Ameisenart lebt nur an warmen
trockenen Hängen, wo das Gras vom Vieh stark abgegrast
werden muß. Ist das Gras zu hoch, verlassen die Ameisen
diesen Platz. Nun war das Rätsel gelöst. Die Landwirte
hatten alle trockenen Stellen nicht mehr genutzt, weil es
für sie nicht mehr lohnte und in den Naturschutzgebieten
hatte man mit den Schmetterlingssammlern auch das Vieh
ausgeschlossen.

Leider ist der Bläuling kein Einzelfall. Von den noch
vorhandenen Tagfaltern sind über die Hälfte bedroht.
Von den Großschmetterlingsarten sind bereits 86 Arten
ausgestorben, weitere 496 Arten sind vom Aussterben
bedroht. Schmetterlinge spielen neben Bienen und Hummeln
eine bedeutende Rolle in bezug auf die Bestäubung von
Pflanzen. Viele Pflanzen paßten sich in Form und Farbe den
Schmetterlingen an. Schmetterlinge und Raupen bilden eine
Nahrungskette für viele andere Tiere, die dann ohne
Schmetterlinge auch aussterben würden.

Wir mit unserem sorg- und hemmungslosen Wohlstandsverhal-
ten  sind schuld daran, daß die Schmetterlinge aus dieser
Welt verschwinden. Was können wir zum Erhalt der
Schmetterlinge machen? Mit ein wenig guten Willen kann ein
jeder Landwirt auch auf intensiv genutzten Wiesen einiges
für Schmetterlinge tun. Randstreifen entlang von Hecken
und Gräben, Waldrändern und Wegen könnten ausgemagert und
nie gleichzeitig mit den angrenzenden Flächen gemäht
werden. Gartenbesitzer können auch etwas tun und dann an
einigen schönen Sommertagen die schönen Schmetterlinge
beobachten. Bietet Ihr Grundstück genügend Platz, dann
pflanzen Sie eine Hecke aus Rotem Hartriegel, Waldhasel,
Pfaffenhütchen, Liguster, Salweide, Schwarzer Holunder
oder Schneeball. Achten Sie auf heimische Arten. Eine
Ausnahme ist der Schmetterlingsflieder (Buddleia).
Besonders empfehlenswerte Falterblumen sind Astern,
Blaukissen, Disteln, Dost, Fetthenne, Silberblatt,
Steinkraut und Thymian. Überlassen  Sie einen Teil Ihres
Gartens sich selbst. Auf Düngemittel und Pestizide
verzichten. Möglichst wenig Abgase -in Verden kann man in
15 Minuten alles zufuß oder mit dem Fahrrad erreichen- und 
wenig Abfall produzieren.


Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Winde geweht,
ein perlmutterner Schauer
glitzert, flimmert, vergeht.

So mit Augenblicksblinken
so im Vorüberwehn
sah ich das Glück mir winken,
glitzern, flimmern, vergehn

Hermann Hesse


                                       
Mit den besten Grüßen von                       Günter DL4AI


Read previous mail | Read next mail


 19.05.2024 01:06:32lGo back Go up