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DL4AI > IMKER 16.09.98 21:17l 249 Lines 12059 Bytes #999 (999) @ DL
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Subj: Gib ihnen Saures!
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Hallo Imkerkollegen,
Im April letzten Jahres habe ich diesen Artikel schon einmal eingespielt.
Seinerzeit habe ich eine zeitliche Begrenzung angegeben, deshalb ist er nicht memehr in dieser Rubrik zu finden.
Im Augenblick ist dieses Thema jedoch wieder aktuell.
Die beste Zeit für die Ameisensäurebehandlung ist gleich nach dem Abschleudern. Nur in den ersten zwei Jahren meiner "Imkerlaufbahn"
habe ich systemische Mittel für die Bekämpfung der Varroa angewendet und dann
gelesen, daß sich fettlösliche Stoffe davon im Wachs anreichern.
Inzwischen wissen wir, daß diese Mittel auch im Honig
nachweisbar sind. Die Werte liegen allerdings weit unter
denen der zugelassenen Grenzen. Die größere Gefahr besteht
aber darin, daß die Varroa resistente Stämme bildet, die
dann immer stärker wirkende Mittel erforderlich machen.
Früher habe ich Ameisensäure mit einer großen Pipette auf
Bierdeckel verteilt. Die Bierdeckel bedeckten die ganze
obere Fläche der Zarge. Die Bierdeckel lagen auf einer
Gaze, die ich zwischen Deckel und Rähmchen liegen hatte.
(Ich imkere in Magazinen). Dann ist es wichtig, mindestens
innerhalb der ersten halben Stunde die Fluglöcher zu
beobachten. Macht sich eine große Unruhe am Flugloch
bemerkbar, habe ich einzelne Bierdeckel wieder entfernt.
Die Behandlung erfolgt übrigens abends, wenn alle Bienen
zu Hause sind.
Die As-Behandlung soll nicht bei Regen durchgeführt werden.
Da die Verdunstung der Ameisensäure von der herrschenden
Temperatur abhängig ist, habe ich mich an die folgende
Richtlinie gehalten.
Bei einer Zarge (also Ableger)
Außentemperatur 15-25 Grad 30-35 ml 60ge AS
12-15 Grad 20-25 ml 85ge AS
bei zwei Zargen
15-25 Grad 60-70 ml 60ge AS
12-15 Grad 40-50 ml 85ge AS
Im Herbst habe ich dieses immer einige Tage vor oder
einige Tage nach der Auffütterung gemacht. Während der
Auffütterung ist die Wirkung nur unzureichend.
Jetzt nehme ich Haushaltsschwammtücher. Diese Tücher stecke
ich je in eine Plastiktüte (Einkaufstüte für Obst vom Supermarkt oder
Gefrierbeutel) und tränke diese mit der angegebenen Menge Ameisensäure.
Dann lege ich die Beutel eine Stunde vor der Behandlung in die Gefriertruhe.
Wie ich schon sagte, hängt die Verdunstung der AS von der Temperatur ab.
Die Schwammtücher werden langsam warm und die Säuredämpfe
werden erst allmählich frei. Die Bienen haben dann
Gelegenheit - je nach Empfindlichkeit - , entsprechende
Plätze in der Beute aufzusuchen. Da ich jetzt Böden habe,
bei denen ich von unten ein Tablett unterschieben kann,
behandele ich die Völker von unten. Die Schwammtücher lege ich in das
Varroa-Untersuchungsgitter. (Das ist eine kleine Plastikwanne mit einem
Abdeckgitter). Dieses kommt auf ein Tablett, das ich von hinten unter
den Boden schieben kann. Der ansonsten offene Boden ist dann
geschlossen.
Im Juli 1994 habe ich den Bericht von Herrn Becker über
den Nassenheider Verdunster gelesen und im folgenden Heft
waren auch die Untersuchungsergebnisse von der Uni Berlin
im Bienen-Journal veröffentlicht. Ich habe mit Frau
Dr.Rademacher, welche die Versuche durchgeführt und
ausgewertet hat, telefoniert. Aus Plastikrohren und
gedrehten Holzteilen habe ich mir diesen Verdunster
nachgebaut und eingesetzt. Schwierig war es für mich, den
Docht so zu bemessen, daß über einen Zeitraum von 10
Tagen, die entsprechende Menge von 10 ml pro Tag verdunstete.
Der Vorteil dieser Methode
ist, daß der Verdunster an das Brutnest herangehängt
wird und somit immer einer gleichmäßigen Temperatur
ausgesetz ist. Es störte mich bei diesem Langzeitverdun-
ster, daß man immer ein Rähmchen oder bei zwei Zargen zwei
aus der Beute nehmen muß. Als ich mich mit diesem
Verdunster beschäftigte, erfuhr ich von einem Imker, daß
er schon seit einigen Jahren Ameisensäure in kleine
Medizinfläschchen füllt, in diese ein kleines Stück
Haushaltskrepp als Verdunster steckt. Diese Flaschen
stellt er in eine Leerzarge über die Rähmchen.
(die Krämerplatte ist ja auch ein Langzeitverdunster). Das
regte mich dazu an, Suppenbrühe von einem bekannten
Hersteller zu kaufen. Die Gläser haben nämlich die
entsprechende Größe, die ich brauchte. In die
Plastikdeckel machte ich Schlitze für die Dochte. Diese
Gläser stellte ich auch in eine Leerzarge abgetrennt durch
eine bienendichte Gaze.(Plastikfliegendraht ist eine
preiswerte Lösung). Ich brauchte kein Rähmchen zu
entfernen. Die Kontrolle der Verdunstung erfolgte ohne
Bienenkontakt. Mit einem schwarzen Filzstift machte ich
mir noch Einteilungen an das Glas und konnte täglich
leicht die Verdunstungsmenge kontrollieren. Falls mich
jemand besuchen möchte, mit Suppe brauche ich nicht zu
geizen. Die Suppe ist aber nur dünn! Was mir dabei
allerdings auch auffiel, die Verdunstungsmenge wurde
jeden Tag weniger, obwohl sich die Temperaturen unmerklich
geändert hatten. Dieses konnte ich jedoch schnell
ausgleichen, indem ich zusätzliche Stückchen Docht an den
vorhandenen anlehnte und somit die Verdunstungsfläche
vergrößerte. Die oberen Enden der Dochte (diese
hatte ich aus großen Platten geschnitten, die man im
Imkerhandel erhält) verfärbten sich gelb bis dunkelbraun.
Wenn die Dochte anschließend trockneten, waren die oberen
Kanten des Filzkartons hart und brüchig. Entweder sind
Rückstände in der Ameisensäure, die nicht völlig
verdunsten oder es sind Stoffe, die bei der Herstellung
des Filzkartons verwendet werden.
Mit 15 prozentiger Milchsäure habe ich auch schon behandelt. Man
soll pro Wabenseite 5ml Säure sprühen. Entscheidend ist
natürlich auch, wieviele Bienen auf einer Wabenseite
sitzen. Ich habe eine Sprühflasche mit einer metallenen
Düse. Dadurch ist der Sprühnebel besonders fein. Durch
einen Versuch mit einem kleinen Meßzylinder habe ich
festgestellt, daß 5 Pumpenhübe ca. 5ml Flüssigkeit sind.
Wie gesagt, entscheident ist die Bienenmenge auf der Wabe.
Ich habe es immer so gemacht, daß auf den Bienen ein
feiner Sprühnebel zu sehen war. Bei der Durchsicht findet
man in der Regel immer die Königin. Diese habe ich von der
Dusche ausgenommen. Bei der Milchsäurebehandlung ist die
Erfolgsquote sehr variabel und man muß mehrmals in
kurzen Abständen behandeln. Bei drei Behandlungen im
brutfreiem Zustand soll die Quote bei 90% liegen. Wie
gesagt soll. Sicherheitshalber habe ich es dann öfter
gemacht. Wabe für Wabe. Ist natürlich Arbeit.
Milchsäure wie Ameisensäure ist nach dem heutigen Stand
des Wissens völlig unbedenklich, wenn sie richtig
eingesetzt werden und einige Wochen nach der Behandlung
sind keine Rückstände mehr vorhanden. Wie wir ja wissen,
sind diese Säuren auch natürlicher Bestandteil unseres
Honigs. Leider wurde die Milchsäure bei dem letzten
Zulassungsverfahren nicht anerkannt.
Die Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung e.V. hat in
einem Forschungsprojekt die Behandlung mit der Oxalsäure
untersucht. Bei einmaliger Behandlung soll die
Erfolgsquote zwischen 93-98% liegen. Also setzte ich im
vergangenen Jahr eine 3 (drei) ge Oxalsäurelösung ein.
Oxalsäure kommt auch in Spuren im Honig vor. Im Rhabarber
und Spinat ist sie auch enthalten. Sie wird vom Menschen
völlig wieder ausgeschieden. Ein Mensch scheidet pro Tag
bis ca 40mg aus. Trotzdem ist Oxalsäure in größeren Mengen
giftig, weil sie dem Körper Calcium entzieht. Deswegen
Rhabarber nicht kiloweise essen.
Die Kristalle sind besonders gefährlich, da sie das
Lungengewebe zerstören können. Also, wer Oxalsäure in
kristalliner Form kauft, sollte bei der Auflösung im
Wasser damit sehr behutsam umgehen, damit keine Kristalle
durch die Luft wirbeln. Wer da nicht so behutsam ist
(und unbedingt mal niesen will), sollte eine Maske mit
Partikelfilter P2 tragen. Beim Sprühen sollte man u n b e
d i n g t eine Halb- oder Vollmaske gegen saure Aerosole
benutzen.
Selbstvertändlich gelten ähnliche Sicherheitsrichtlinien
auch für die Ameisensäure. Wir wissen alle, Gesundheit ist
unser höchstes Gut. Augen und Lunge wachsen nicht wieder
nach.
Entscheidend für meine Behandlungen waren auch immer ganz
genaue Untersuchungen im Gemüll. Ich habe ständig ein
Varroa-Gitter, das ist ein Kunstofftablett mit einem
abdeckbaren Gitter unter den Beuten liegen. Darin kann
auch wunderbar das Schwammtuch während der Behandlung
legen. Im Sommer führe ich über mehrere Tage in gewissen
Abständen eine genaue Kontrolle über den Totenfall der
Milben durch. Daraufhin stelle ich meine Behandlungen ab.
Behandlungen so viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Wenn Ihr das Bienenjournal haltet oder es wird auch in
anderen Bienenzeitungen sein, gibt es ständig von Dr.
Gerhard Liebig, von der Landesanstalt für Bienenkunde der
Universität Hohenheim Berichte zu diesem Thema. Der
genannte Autor hat auch einen Leitfaden zur Varroabehand-
lung herausgegeben.
Ich habe auch schon überwiegend gedeckelte Brutwaben ohne
ansitzende Bienen in einer separaten Zarge mit AS
behandelt, da AS bekanntlich auch die Milben in der
verdeckelten Brut vernichtet. Dieses Verfahren war
allerdings sehr umständlich, kann aber auch im Sommer
durchgeführt werden. Die Außentemperaturen müssen hoch
genug sein. Die Waben werden dann vor dem Einsetzen in die
Völker einige Zeit gelüftet. Die Brut ist nicht so
empfindlich.
Königinnenverluste und Völkerverluste habe ich durch AS
bisher nicht gehabt. Trotzdem sollte man gute Königinnen
erst danach einweiseln. Im letzten Jahr haben auch bei mir
2 Völker den Winter nicht überlebt. Es ist immer
schwierig, den Grund dafür zu finden. Durch eine zu späte
Behandlung der Bienen können auch Sekundärkrankheiten
entstehen, wenn die Völker schon durch Milben geschwächt
sind, die zum Ausfall der Völker führen.
Wenn ich meinen eigenen Bericht lese, sehe ich, daß auch
nur alles in Kurzform dargestellt wurde. Aber vielleicht
ist es eine Anregung für eigene Versuche. Mit diesem
Bericht will ich auch nicht zur Behandlung mit Ameisen-,
Milch oder Oxalsäure auffordern. Es handelt sich nur
um einen Bericht über meine eigenen Versuche. Wir wissen
alle, daß nur die Illertissener Milbenplatte und die
anderen bekannten Mittel zugelassen sind.
Im Dezember 1996 bin ich mit 15 Imkern in Uruguay gewesen. In
Uruguay wurde vor einigen Jahren die Imkerei staatlich
gefördert. Inzwischen sind dort große Betriebe entstanden.
Wir haben mehrere Imkereien besucht. Die Betriebe hatten
Größenordnungen zwischen 1500 - 4000 Völker.
Mit der Varroa gibt es dort diegleichen Probleme wie hier.
Nur in einem Betrieb (2500 Völker) wird nicht behandelt!!.
Der Inhaber, ein Deutscher, erzählte uns, daß die Varroa
sich in der Arbeiterinnenbrut nicht vermehre. Dieser
Betrieb wurde auch schon von Prof. Dustmann dem Leiter des
Bieneninstitutes in Celle aufgesucht. Dieser hat sich
einige Brutwaben von verschiedenen Völkern geben lassen
und hat eigenhändig Zelle für Zelle geöffnet. Andere
Imker, die 100 km entfernt wohnen, mit gleichen Bienen und
gleicher Betriebsweise kommen ohne Behandlung nicht aus.
Die Gründe sind noch ein Rätsel.
So, ich bedanke mich bei allen Lesern für die
Aufmerksamkeit.
Ich wünsche Euch, daß alle eingefütterten Völker überleben
und eine reichliche Ernte bringen (gerade soviel, wie wir
auch verkaufen können).
Es grüßt Euch Günter DL4AI
PS.: Im vergangenen Herbst habe ich auch nach 2 Langzeitbehandlungen mit AS
mit Oxalsäure (Sprühverfahren) behandelt. Ca. 3 Wochen nach der Behandlung
sitzen die Bienen sehr unruhig, und es fliegen auch viele Bienen ab. Auch bei
Temperaturen unter 10 Grad. Nach Aussagen von Herrn Dr. Liebig haben die
Bienen durch die Säure Stoffwechselproblme. Meine Völker waren im Frühjahr
sehr schwach. Dieses ist nicht unbedingt der Grund, denn schon im vorherigen
Jahr hatte ich mit Oxalsäure behandelt, und die Völker hatten normal
ausgewintert.
Ich hatte auch arge Probleme mit Spitzmäusen.
Nochmals, dieser Bericht ist ein Mix aus dem alten Artikel und einigen
Ergänzungen. Hoffentlich nicht zu verwirrend.
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