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DL4AI > IMKER 19.02.98 17:51l 170 Lines 10083 Bytes #999 (999) @ DL
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Subj: 40 000 in einer Wohnung!
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Hallo liebe Imker- und Funkfreude!
Die meisten Zuschriften und Ermunterungen habe ich von Nichtimkern erhalten.
Hierfür danke ich nochmals. Daher war ich erstaunt, daß es viele Menschen
gibt, die sich für das Leben dieser Tierchen interessieren, sich aber bestimmt
nicht vorstellen können, auch Bienen zu halten. Ich habe früher ebenfalls
einem gewissen Respekt vor dem Stachel gehabt und einen großen Bogen darum
gemacht.
Für eine hiesige Zeitung hatte ich den folgenden Artikel geschrieben, der
vielleicht einen Anstoß für die Haltung von Bienen geben kann.
In Hannover hatte ich die Bienen in einem Reihenhausgarten stehen. Wenn man
Bienenmaterial von einem guten Züchter bekommt und die Nachbarn die Bienen
nicht sehen können, gibt es keine Probleme.
Ich gestehe es, auch ich habe mich in der ersten Zeit immer sehr gut
verpackt, wenn ich an den Bienen hantierte. Aber im Laufe der Zeit verliert
man wirklich die Angst und wird auch unempfindlich gegen Stiche, die
man sich hin und wieder einhandelt.
Antennenbauer kennen sicherlich zuerst die Angst auf dem Dach und schließlich
läuft man auf dem First freihändig herum. So verliert man auch die Angst vor
Bienen. (natürlich nicht auf den Dach. hi)
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40.000 in einer Wohnung
Tiere haben mich schon immer in ihren Bann gezogen. Schon als Kind hatte ich
- abgesehen von den Tieren, die man nicht als Haustiere bezeichnen kann und
die von den Eltern nur äußerst widerwillig geduldet werden - Fische, Tauben,
Hühner und Kaninchen. Auch Ameisen faszinierten mich schon als Kind.
Als ich noch in Hannover wohnte, führte mich mein täglicher Spaziergang mit
meinem Hund an einem Garten vorbei, in dem ein Bienenhaus stand. Schon nach
kurzer Zeit hatte ich den Besitzer des Gartens, ein langjähriger Imker, in
lange Gespräche verwickelt. Er wußte spannend zu erzählen. In einer Gebirgs-
höhle in Spanien, in der Nähe von Valencia gibt es eine Felsmalerei über die
Honiggewinnung unserer Vorfahren. Diese Malerei ist aus der Mittleren
Steinzeit. Vor etwa 6000 Jahren hielt man bereits Bienen in Röhren. Viele
Jahrhunderte wurde in einfachen Beuten - wie der Imker die Bienenwohnungen
nennt - geimkert. Doch der Mensch in seinem Erfindungsreichtum entwickelte
diese Beuten immer weiter zum Vorteil für sauberes Arbeiten für den Imker,
qualitativ hochwertigen Honig und Kraftersparnis für das Bienenvolk durch
Wiederverwendung des Wabenbaues. Aber nicht nur die Wohnung der Bienen wurde
verbessert. Der Mensch beschäftigte sich auch intensiv mit dem Leben der Bienen
und begann planmäßig mit der Züchtung von bestimmten Rassen. Die Biene muß dem
Klima und den entsprechenden Trachtverhältnissen angepaßt sein, sie muß
sanftmütig sein, damit sie auch in dichtbesiedeltem Gebiet gehalten werden kann.Der Imker lud mich zu einer Besichtigung seines Bienenhauses ein, und ich
gestehe offen, obwohl er mir nun schon viel über Bienen erzählt hatte, ich
mußte meinen Mut zusammen nehmen und näherte mich mit eingezogenem Kopf den
Bienenwohnungen, stets darauf gefaßt, so einem summenden Wesen mit bestimmten
Absichten zu begegnen. Aber die Bienen nahmen uns gar nicht zur Kenntnis.
Sie waren eifrig damit beschäftigt, den Nektar und den Blütenstaub, der
in gelben Kugeln an ihren Hinterbeinen hing, in ihre Fluglöcher zu
transportieren. Der Imker öffnete nun eine Beute, und ich konnte durch eine
Glasscheibe, das Innenleben einer Bienenwohnung bestaunen. Doch dann blieb
mir die Luft weg. Jetzt öffnete der Imker auch noch das Glasfenster. Ich
hätte am liebsten fluchtartig das Bienenhaus verlassen mögen, aber nichts
geschah. Einige Bienen flogen erschrocken hoch, die Bienen, die am Fenster
saßen liefen eiligst zwischen die Waben und verschwanden dort. Ein angenehmer
Duft von Wachs und Honig kam mir entgegen.
Der Imker erzählte mit ruhiger Stimme weiter. Die Königin oder Weisel genannt,
ist normalerweise das einzige vollentwickelte Weibchen im Bienenvolk. Im
Gegensatz zu den Bienen kann sie bis zu 5 Jahre alt werden. Die Königin
wird einmal im Leben begattet und kann dann im Frühjahr täglich bis
zu 2000 Eier am Tag legen. Die Königin ist immer von einem Hofstaat von
einigen Arbeitsbienen umgeben, der sie mit Nahrung versorgt und pflegt. Der
Imker zog mehrere Waben heraus und die Bienen blieben ruhig auf der Wabe
sitzen. Vorsichtig zeigte er mit dem Finger auf eine besonders große Biene,
die auch noch einen grünen Punkt auf dem Rücken hatte. "Das ist die Königin"
sagte der Imker und mir fiel nun auch auf, daß sich diese ganz ruhig und
majestätisch bewegte. Sie steckte plötzlich ihren Kopf in eine Zelle, wobei
sie diese auf Größe und Reinheit prüft - wie ich bei diesem Besuch erfuhr -
dann senkte sie den Hinterleib in die Zelle und legte ein Ei auf den Zellboden.
Das hatte ich noch nie gesehen. Vorsichtig schob der Imker die Waben wieder
in die Beute, schloß das Fenster und dann die Hintertür der Beute. Erst
jetzt löste sich meine Spannung. Ich atmete durch. Kein Stich.
Ein Bienenvolk besteht aus der Königin, einigen hundert Drohnen, das sind die
Männchen und 40.000 bis 50.000 Arbeitsbienen. Die Arbeitsbienen werden im
Sommer nur 6 Wochen alt. Diese kurze Zeit ist streng nach einem Rhythmus
eingeteilt. Etwa vom dritten Tag an beginnen die Stockbienen mit dem
Innendienst. Sie säubern die Zellen, sie ernähren mit der Entwicklung ihrer
Futtersaftdrüsen die aus den Eiern geschlüpften Maden. Die Wachsdrüsen werden
funktionsfähig und sie werden zu Baubienen. Sie lagern den von den Flugbienen
gebrachten Nektar und Pollen ab. Bei gutem Wetter machen sie auch schon kleine
Ausflüge vor der Beute, um sich die Umgebung einzuprägen. Einige übernehmen
auch die Aufgabe als Wächterbiene am Flugloch. Hier werden alle ankommenden
Bienen überprüft, ob sie auch in diese Wohnung gehören und die Feinde
abgewehrt. Erst nach drei Wochen beginnt die Sammeltätigkeit. Dabei erbringen
die Bienen erstaunliche Leistungen. Nektar besteht aus einer wäßrigen Lösung
und muß erst zu Honig umgearbeitet werden. Bienen haben hierfür eine besondere
Honigblase. Dem Nektar wird zwei Drittel des Wassers entzogen und durch
Spaltung des Rohrzuckers in Trauben und Fruchtzucker sowie durch Zugabe von
eigenen Stoffen zu Honig. Dieses macht den Honig so gesund. Um 1 kg Honig zu
bekommen müssen ca. 50.000 Flüge unternommen werden. Ein Bienenvolk hat einen
Eigenbedarf von etwa 60 kg Honig im Jahr. Der Imker möchte dann auch noch für
seine Arbeit seinen Lohn. Der große Nutzen der Bienen liegt aber nicht in der
Honigproduktion sondern in ihrer Bestäubungstätigkeit zur Ertragssteigerung
im Obstbau, Gartenbau und in der Landwirtschaft. Die Honigbiene bestäubt
unsere Kulturpflanzen, wie z.B. Steinobst, Kernobst, Beerensträucher, Raps
und Rübsen, Erbsen, Bohnen, Wicken, Kleearten, Luzerne, Kohl, Möhren und
viele Blütenpflanzen. Im "Alten Land" werden Bienenvölker zur Obstblüte
transportiert, um eine intensive Befruchtung zu erreichen.
Die Imker "wandern" dann. Die Blütenstetigkeit der Honigbiene, sie sucht bei
jedem Flug nur eine Blütenart auf, ist ausschlaggebend für gute Bestäubung und
Artenerhaltung.
Ohne uns Imker, sagte mir mein interessanter Gesprächspartner, wäre die Natur
viel ärmer. Früher gab es für die Honigbiene natürliche Höhlen in Baumstämmen
und anderen Behausungen. Heute würde es ohne uns Imker wohl keine Honigbienen
in Europa geben. Aber auch in anderen Erdteilen wird es durch die
"Zivilisation" für freilebende Bienen immer schwieriger zu überleben.
Bei meinen weiteren Besuchen erfuhr ich dann von meinem "Bienenvater" in
seinem Bienenhaus noch viele Einzelheiten, die mich immer neugieriger werden
ließen. Bienen können sich gegenseitig mitteilen, in welcher Richtung und
Entfernung Nektar zu holen ist. Sie haben ein Orts und Zeitgedächtnis. Im
Gegensatz zu anderen Tieren können sie das Sonnenlicht polarisiert sehen.
Somit steuern sie mit Sicherheit ihren Zielen entgegen. Sie können in ihrer
Wohnung die Temperatur regulieren. Im Sommer, wenn es zu heiß ist, wird Wasser
hereingetragen, um durch Verdunstung die Temperatur zu senken. Interessant
ist auch das soziale Verhalten. Ich lernte auch etwas über die "Medizin"
Honig, Pollen und Kittharz (Propolis).
Bisher wußte ich nicht, daß in jedem Bundesland ein Bienenforschungsinstitut
ist. In Celle sind ca 30 wissenschaftliche Mitarbeiter mit Untersuchungen der
Auswirkungen der Bienen, Untersuchung von Honig und Züchtung von Bienen
beschäftigt. Angeschlossene Imkerschulen bilden hauptberufliche Imker mit
(Gesellen und Meisterprüfung) aus. Für die Züchtung bestimmter Rassen und
Linien gibt es besondere Belegstellen. Die meisten für diesen Raum sind auf
den ostfriesischen Inseln. Zuchtziel ist hauptsächlich Wirtschaftlichkeit und
Sanftmut.
Sie, lieber Leser, können sich sicherlich denken, daß es nicht lange dauerte,
bis ich mein erstes Bienenvolk hatte. Jetzt kann ich das Wunderleben der
Bienen schon seit einigen Jahren selbst beobachten und erforschen. Es gibt
immer neue Aufgaben und Probleme zu lösen und das Abenteuer "Biene"
beschäftigt mich ständig. Die Angst vor dem Stachel habe ich längst
überwunden.
Eine gewisse Naturverbundenheit ist Voraussetzung für einen Imker. Der beste
Anfang ist vielleicht über einen Imkerverein. Hier ist man gern bereit, die
erste Hilfestellung zu geben und durch die regelmäßigen Fachvorträge kann der
Anfänger und der erfahrene Imker seine Kenntnisse erweitern.
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Also wie wäre es im Frühjahr mit einem oder besser zwei Bienenvölkern??
Ich habe schon welche auf dem Balkon gehalten. Das geht auch.
Meine Bienen stehen seit 10 Jahren ca. 3 m von der Terasse entfernt.
Probleme hat es noch nicht gegeben. Dazwischen stehen allerdings dichte
Büsche, damit die Bienen sich durch Bewegungen von Menschen nicht gestört
fühlen.
Beste Grüße an alle Imker, die es noch werden wollen und Funker von
Günter DL4AI
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