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DH2KK > FFR 03.09.00 12:46l 92 Lines 6183 Bytes #-8795 (199) @ DL
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Subj: Flugzeugtyp 152
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X-Info: Einspielung ohne Passwortschutz
Vor 40 Jahren war Jungfernflug - dann wurde die "152" private Sammelobjekte
Nach und nach tauchen aus Schuppen und Dachböden für immmer verloren geglaubte
Teile des Strahlflugzeuges "Dresden" wieder auf
Von Holger Lorenz
Es war am 17. März 1961: Die Belegschaft der Flugzeugwerke in Dresden-Klotz-
sche erfährt offiziell vom DDR-Ministerratsbeschluss, dass die Entwicklung
und der Bau von Flugzeugen in der DDR unverzüglich einzustellen sind. Weiter
heißt es, dass die fertigen und angearbeiteten Flugzeuge der Type 152 schnell-
stens zu verschrotten seien, um ab dem III. bzw. spätestens IV. Quartal 1961
mit einer neuen Produktion beginnen zu können. Der Wunsch von Ingenieuren und
jungen Arbeitern, wenigstens eine der vier fertigen "152" als Museum zu be-
wahren und als Caf‚ einzurichten, wird abgelehnt. Die Schmach ob des verlore-
nen Wettrennens mit dem Weltmarkt saß bei den Entscheidungsträgern zu tief.
Dieselben Arbeiter, die fünf Jahre lang Tag für Tag auf Transparenten, in
der Betiebszeitung und auf Gewerkschaftsversammlungen angehalten wurden,
schneller und besser zu arbeiten, die Staatsplantermine zur Fertigstellung der
Versuchsmuster einzuhalten, mussten nun, nachdem ihre "152" fast serienreif
war, die fertigen Maschinen zersägen. Und weil das nicht schnell genug ging,
mit kräftigen Beilschlägen wie Feuerholz zerhacken. Da das immer noch zu lange
dauerte, entschloss man sich, fertige Tragflächen und Rümpfe erst einmal "aus-
zulagern", um die Hallen schnell leer zu bekommen. Es waren nämlich nicht nur
vier komplette Flugzeuge zu zerlegen, sondern auch noch viele Baugruppen.
Beim Forschen Schätze im Schuppen entdeckt
Bis auf einen einzigen Rumpf war alles andere gründlichst vernichte worden,
damit nichts mehr an die Blamage von 1961 erinnern sollte. So glaubte man
jedenfalls. Doch sei dem der "152"-Rumpf in der Dresdner Elbe Flugzeugwerken
restauriert wird, tauchen nach und nach für immer verloren geglaubt Teile des
einstigen und einzige DDR-Jets wieder auf.
Jüngstes Beispiel sind zwei Hälften des Flügelendbehälters. Die ein Be-
hälterhälfte weist sogar noch den goldenen Glanz des Eloxierbades auf. Dieser
Behälterteil trägt übrigens die Werknummer 012, das sei der Authentizität we-
gen verraten. Quasi als seine letzte Amtshandlung übergab der scheidende Lei-
ter für Öffentlichkeitsarbeit der Elbe Flugzeugwerke, Eberhard Blobel, die
beiden Behälterteile dem Kustos für Luftverkehr im Verkehrsmuseum, Jochen
Werner, in treue Hände. Wie Eberhard Blobel erzählt, fanden sich die Behälter
im Schuppen des Vaters eines Lehrlings der Flugzeugwerke an. Der Lehrling wur-
de auf die als Schwimmer für ein Wasserfahrzeug gedachten Behälter aufmerk-
sam, als er im Rahmen einer historischen Arbeit mit anderen Lehrlingen die
Geschichte der Flugzeugwerke erforschte.
Jochen Werner wiederum, der sich wie kaum ein anderer um den Wiederaufbau
des letzten "152"-Rumpfes verdient gemacht hat, weiß zu berichten, dass sich
in den vergangenen Jahren etliche Originalteile des Flugzeuges angefunden ha-
ben. So zum Beispiel die Frachttür - sie stammt von der verschrotteten Bruch-
zelle V 6-, die Steuersäule und die Pedalmaschine von der V 4. Passagiersitze
waren in Reinsdorf bei Berlin aufgetaucht, vor kurzem dann ein echter "152"-
Pilotensitz - er war auf einem Fluss-Schiff montiert gewesen. Wahrscheinlich
haben sich die Arbeiter 1961 ihre "152" Stück für Stück mit nach Hause genom-
men.
Und noch eine Neuigkeit kann Jochen Werner verkünden: Das Drei-Meter-Messe-
Modell der "152" ist auch wieder da, und noch dazu wunderschön restauriert.
Die wieder aufgefundenen Flügelendbehälter dienten ab der V 4 zur Aufnahme von
jeweils 600 Litern Kraftstoff, bei der V 1 nahmen sie noch die Stützfahrwerke
auf. Vor genau 40 Jahren am 26. August 1960 startete die V 4 zu ihrem Jung-
fernflug. Die beiden Testflüge vom 26. August und 4. September ließen bei den
Flugzeugwerkern in Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Pirna und Ludwigsfelde
noch einmal Hoffnungen auf eine erfolgreiche Zukunft dieses jungen Industrie-
zweiges aufkeimen. Aber die gnadenlosen Bedingungen des Weitmarktes diktierten
damals eine andere Entscheidung.
Rumpf dokumentiert im Flughafen Zeitgeschichte
Die ökonomische Schieflage der DDR-Flugzeugindtistrie war Anfang 1961 nicht
mehr zu übersehen. Die vorhandene Kapazität von 40 Flugzeugen "152" pro Jahr
verlangte aber nach Stückzahlen von mindestens 150 Flugzeugen. Der Absatz da-
für war im sozialistischen Lager nicht mehr gegeben. Zudem hatte die Sowjet-
union im November 1957 definitiv erklärt, keine Flugzeuge von der DDR zu kau-
fen, weil sie selbst über alle Typen verfüge. Die DDR-Fluggesellschaft Luft-
hansa und die NVA benötigten aber höchstens zusammen 13 Flugzeuge. Somit
blieb nur noch der Abbruch und die Umprofilierung des Industriezweiges übrig.
Um so wichtiger ist es deshalb, dass das letzte authentische Stück "152", der
Rumpf mit der Werk-Nummer 011, so restauriert wird, dass sich auch die junge
Generation ein richtiges Bild vom DDR-Düsenflugzeug machen kann. Das wird sich
auch Fritz Groß gesagt haben, der als ehemaliger Zellenbauer Ende der 50er
Jahre die Tragflügel der "152" baute und von 1996 bis 1998 als ABM-er maßgeb-
lichen Anteil an der Wiederherstellung des Rumpfes 011 hatte, denn es musste
fast die komplette Unterschale neu beplankt werden. Außerdem "schwang" er die
Bleche für den nicht mehr vorhanden gewesenen Rumpfbug.
Wenn der Rumpf sich nächstes Frühjahr im neuen Terminal des Dresdner Flug-
hafens, präsentiert, können sich die Besucher ein Bild von der hohen aerody-
namischen Güte des DDR-Liners machen. Bis dahin wird weiter am Innenausbau ge-
arbeitet. Und falls der Eine oder Andere doch noch ein Stück "152" auf seinem
Dachboden finden sollte, sofort im Dresdner Verkehrsmuseum bei Jochen Werner
an rufen! Alle Teile werden genommen, egal ob Fenster, Türen, Klappen, Lampen,
Bleche Hauptsache authentisch. Aber auch Spenden sind jederzeit willkommen.
Aus SZ vom 31.08.2000
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