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DG1DAC > ASTRO    09.01.04 00:51l 116 Lines 5267 Bytes #999 (0) @ DL
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Subj: ESA: Aurora, wie gehts weiter?
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Europa und der Mars - Wie geht es weiter?

Von einer deutschen Beteiligung am Aurora-Programm der 
ESA will Forschungsministerin Edelgard Bulmahn 
weiterhin nichts wissen

Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn zeigte sich 
sichtlich erfreut ueber das erfolgreiche Einschwenken 
der europaeischen Raumsonde  Mars Express in den Orbit 
um den roten Planeten (Europa bringt erstmals Sonde 
in Umlaufbahn um einen anderen Planeten). Das sei ein 
"Meilenstein fuer die Wissenschaft in Europa", sagte 
sie am fruehen Morgen des ersten Weihnachtstages im 
europaeischen Bodenkontrollzentrum (ESOC) in 
Darmstadt, wo sie die Ankunft der Sonde mitverfolgt 
hatte. In der Tat hat die europaeische Raumfahrt mit 
Mars Express ein wichtiges Etappenziel erreicht. Aber 
auf dem Weg wohin?

Bei der europaeischen Weltraumorganisation (ESA) wird 
die weitere Erforschung des roten Planeten im Rahmen 
des  Aurora-Programms vorbereitet. Ziel ist es, einen 
langfristigen Plan fuer die Erkundung des Sonnensystems 
zu entwickeln, der ueber die naechsten 30 Jahre 
verschiedene Etappenziele definiert. Am Ende dieser 
Zeitspanne koennte eine bemannte Mission zum Mars 
erfolgen.

Das Programm knuepft gleichermassen an die Erfahrungen 
der bemannten Raumfahrt im erdnahen Orbit wie auch an 
die Planetenerkundung mit Robotern an. "Die miteinander 
verflochtene Weiterentwicklung der Faehigkeiten in 
diesen beiden Straengen wird schliesslich dazu fuehren, 
dass Europa in der Lage ist, bei einer zukuenftigen 
bemannten Mission zum Mars eine Schluesselrolle zu 
spielen", heisst es in einer  Pressemitteilung der ESA 
anlaesslich der erfolgreichen Abkopplung des 
Landemoduls Beagle 2 von Mars Express am 19. Dezember.

Aurora wird von fast allen ESA-Mitgliedsstaaten 
unterstuetzt. Von den groesseren Staaten verweigert 
lediglich Deutschland die Teilnahme. Daran wird, wie es 
scheint, auch der Teilerfolg von Mars Express nichts 
aendern. Bulmahn will von Aurora weiterhin nichts 
wissen. Das koennte unter anderem daran liegen, dass 
sie bislang noch zu wenig darueber weiss.

Ihre Antwort auf die Frage, ob sie sich inzwischen eine 
Beteiligung Deutschlands am Aurora-Programm vorstellen 
koenne, zeugte jedenfalls von einem bemerkenswerten 
Unverstaendnis der Intentionen Auroras. Viele Fragen 
seien ja noch gar nicht geloest, sagte sie und nannte 
als Beispiel das Strahlenproblem, also die Frage, 
inwieweit Astronauten die Belastung durch kosmische 
Strahlung verkraften koennen. Abgesehen davon, dass 
manche Experten wie etwa Markus Landgraf, Vorsitzender 
der deutschen Sektion der  Mars Society, ihr in diesem 
speziellen Punkt widersprechen wuerden, ist es nicht 
ganz leicht zu verstehen, inwiefern offene 
Forschungsfragen der Entwicklung eines 
Forschungsprogramms entgegen stehen sollen, das unter 
anderem gerade die Klaerung dieser Fragen zum Ziel hat.

Zudem nimmt sich Aurora fuer die Beantwortung solcher 
Fragen auch reichlich Zeit: Ein bemannter Flug zum Mars 
wird derzeit fuer das Jahr 2030 oder 2033 angepeilt. 
Davor koennte im Jahr 2024 eine bemannte Mission zum 
Mond erfolgen, um Schluesseltechnologien wie 
Lebenserhaltung oder die Ressourcennutzung vor Ort zu 
erproben. So lange wolle sie nicht warten, sagt 
Bulmahn. Sie wolle jetzt Ergebnisse und setze daher 
weiterhin auf die Erkundung des Weltraums mit 
unbemannten Sonden und Robotern.

Nun sind genau solche Missionen fuer die kommenden 
Jahre im gegenwaertigen Aurora-Plan vorgesehen: Im Jahr 
2009 koennte  ExoMars starten, bei der ein Rover auf 
der Marsoberflaeche abgesetzt werden soll, um nach 
Lebensspuren zu suchen. Fuer das Jahr 2011 oder 2014 
ist  Mars Sample Return geplant, eine Mission, die 
Bodenproben sammeln und zur Erde zurueck transportieren 
soll. Eine dafuer erforderliche Technologie, die den 
Wiedereintritt schneller Raumsonden in die 
Erdatmosphaere ermoeglicht, soll bereits im Jahr 2007 
erprobt werden.

Einen Forschungs- und Entwicklungsplan ueber 30 Jahre 
zu entwerfen, heisst also nicht, dass dieser Plan erst 
nach 30 Jahren Fruechte traegt. Wenn Bulmahn so etwas 
implizit behauptet, ist das entweder billige Rhetorik -
oder sie ist schlecht informiert.

Das Reizwort ist offenbar "bemannte Marsmission". Es 
scheint eine so starke suggestive Wirkung zu entfalten, 
dass Bulmahn (oder ihre Berater) einen langfristigen 
Plan, der eine solche Mission beinhaltet, mit der 
Mission selbst verwechseln. Wer Aurora auf die bemannte 
Mission zum Mars reduziert, hat das Konzept voellig 
missverstanden. Es geht nicht nur um diese eine 
Mission, es geht um einen neuen Rahmen fuer die 
Raumfahrt. Es geht darum, die europaeischen 
Raumfahrtaktivitaeten auf ein klares Ziel auszurichten, 
das von jedem Menschen verstanden werden kann, ein Ziel 
jenseits wirtschaftlicher und machtpolitischer 
Kalkuele. Es geht darum, endlich ernst zu nehmen, was 
sowohl der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums 
fuer Luft- und Raumfahrt, Sigmar Wittig, als auch der 
ESA-Wissenschaftsdirektor David Southwood in Darmstadt 
in Anwesenheit der Forschungsministerin betonten: 
Raumfahrt hat nicht nur wissenschaftliche, sondern vor 
allem kulturelle Bedeutung.

Quelle:
telepolis - Hans-Arthur Marsiske


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