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DJ3UY  > CONVENIA 31.08.96 22:35l 134 Lines 9867 Bytes #-10609 (0) @ ALL
BID : 318602DB0BMI
Read: DL1EEC GUEST
Subj: Brief Claus Braun
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Sent: 960831/1552z @:DB0BMI.#HES.DEU.EU [Berufsschule Michels] $:318602DB0BMI
de DJ3UY @ DB0BMI.#HES.DEU.EU   (Gerhard)

to CONVENIA @ ALL

                                                                           
P.Claus Braun              Himmelfahrtsfest 1996                           
Casilla 26                 (Mari{ Himmelfahrt)                             
Uyuni, Bolivien                                                            
                                                                           
Liebe Missionsfreunde,                                                     
Euch allen einen ganz herzlichen Gru~ aus S}damerika heute am gro~en       
Wallfahrtsfest Boliviens. ]ber eine halbe Million Pilger und Touristen     
sind in diesen Tagen in die zentrale Stadt Cochabamba aufgebrochen, um im  
dortigen Wallfahrtszentrum 12 km vor den Toren der Stadt die 'Mamita       
Urquipi¤a', wie man in Bolivien liebevoll die Muttergottes nennt, in       
ihren Anliegen anzurufen. Auch ich reihte mich in diese Schar der Pilger   
ein. Heute morgen bin ich schon fr}h aufgebrochen, um in einem der in      
diesen Tagen meist }berf}llten Kleinbusse, vom japanischen Hersteller f}r  
11 Passagiere ausgelegt, aber hier durch einschieben weiterer Kleinsitze   
auf ein Fassungsverm|gen von 18 Fahrg{sten erweitert worden, einen Platz   
zu finden. Ich entschied mich zuerst einmal zur Endhaltestelle zu marschie-
ren, um dort eventuell einen Platz neben dem Fahrer zu erhaschen. Doch     
auch dort war der Andrang derart gro~, da~ ich in einem der f}r Liliputaner
ausgelegten Sitze hinter dem Fahrer Vorlieb nehmen mu~te. Ihr k|nnt Euch   
sicher gut vorstellen, da~ f}r mich mit meinen langen Beinen bei 1,80m     
K|rpergr|~e schon die Fahrt zu einer echten Bu~e wurde. Solange wir auf    
dem Asphalt fahren konnten, war es noch auszuhalten, aber kurz vor dem     
Wallfahrtsort Quillacollo wurden wir auf die in Bolivien }blichen Schotter-
und Staubstra~en umgeleitet. F}r mich kam nun hinzu, da~ ich aufpassen     
mu~te, um nicht bei den vielen Schlagl|chern Kontakt mit der Decke         
aufzunehmen. Die Hitze stieg auch kontinuierlich im Minibus an, da wir     
im Schrittampo fahren mu~ten. Vor uns eine kilometerlange Autoschlange, die
nat}rlich kr{ftig den feinen Staub aufwirbelte, soda~ schlie~lich auch     
noch die Fenster geschlossen werden mu~ten. Nun, da Wallfahrt ja immer     
auch etwas mit auf dem Weg sein zu tun hat, lie~ ich den Minibus anhalten, 
bezahlte meine Passage von 2,50 Bolivianos - f}r das Wallfahrtsfest wurde  
sie eigens um 50% angehoben, aber mit weniger als einer DM f}r uns noch    
recht billig- und legte die restlichen Kilometer zu Fu~ zur}ck.            
Allderdings war ich nicht der Einzige gewesen, der sich zum Gehen ent-     
schieden. Schon bald kam man auch beim Gehen noch kaum voran. Unz{hlige    
H{ndler versperrten mit ihren Verkaufstischen zudem den Weg. Fast          
st{ndig mu~te man sich auch b}cken, im nicht unliebsamen Kontakt mit den   
Eisenstangen aufzunehmen, an denen die Verk{ufer ihren Sonnenschutz        
befestigt hatten. Vor mir sah ich nichts als Menschenmassen. Der           
Calvarienberg lag noch ca. zwei Kilometer vor mir. Doch der Berg war       
}bers{t mit Zeltplanen, soda~ man meinen konnte, da~ hier ein riesiges     
Fl}chtlingslager errichtet worden sei. Dazwischen die Menschen.            
Einige waren mit riesigen Vorschlaghammern bewaffnet. Man sagte mir,       
da~ es hier Tradition sei, einige Steine vom Calvarienberg, auf dem sich   
das Heiligtum befindet, mit nach Hause zu nehmen. Andere trugen Spielautos 
in ihren H{nden, ein H{ndler pries 100.000 US $ Spielgeld an. Dann h|rte   
man das Abschie~en von Feuerwerk. Sektkorken knallten in einer anderen     
Ecke. Aus einer anderem Richtung ert|nte Musik und 'Bailerinas'            
(Tanzgruppen) waren zu sehen. All das glich mehr einer Kirmes als einer    
Wallfahrt. Aber in unseren s}damerikanischen Breiten schmilzt vieles       
wie selbstverst{ndlich zusammen. Schlie~lich erreichte ich unter all diesen
Eindr}cken das Heiligtum. Konnte noch ein Pl{tzchen unter einem Baum       
ergattern mit gutem Blick auf die nach allen Seiten hin offene Wallfahrts- 
kapelle. Es wurde gerade die Lesung vorgetragen, die ich nat}rlich         
sehr gut kannte, da ich auch schon einge Messen in der Intention unserer   
Gl{ubigen gelesen hatte. Vergeblich suchte ich die Marienstatue.           
Sie sollte feierlich nach Beendigung dieser Messe aus der Stadt kommend    
im Heiligtum eintreffen. Man betete mittlerweile den Rosenkranz oder       
besser man h|rte den Sprecher }ber die Lautsprecheranlage beten, da        
viele Pilger wie ich zum lauten Beten schon zu m}de waren. Dann wurde      
aufgefordert, die Taschent}cher zu schwenken. Man sah in der Ferne den     
Schrein mit der Marienstatue. Davor das gro~e Missionskreuz, das           
anl{~lich der 500 Jahre der Evangelisierung in Bolivien gestiftet wurde.   
Pl|tzlich war unter dem Zeltdach des Heiligtums auch der Erzbischof von    
Cochabamba zu sehen. Er sollte die offizielle Wallfahrtsmesse zelebrieren. 
Mittlerweils war mein schattiges Pl{tzchen schon so begehrt, da~ ich nicht 
einmal mehr meine Beine etwas bewegen konnte. Nun, warum nicht an diesem   
Tag ein weiteres kleines Opfer auf sich nehmen? Was wohl in der Erinnerung 
dieser Messe bleiben wird ist dies, da~ wohl durch ein falsches Kommando   
eines Sakristans bedingt, w{hrend der Konzelebration pl|tzlich die         
Musikkapelle die Mationalhymne erklingen lie~. Der Erzbischof, sichtlich   
emp|rt, veruschte sie durch noch lauteres Gebot zu }bert|nen.              
Aber, meine Lieben, man nu~ das Ganze einmal selbst erlebt haben, um sagen 
zu k|nnen, was Wallfahrt in Bolivien bedeutet.                             
Ihr werdet Euch sicher fragen, weshalb ich an diesem Marienfest nicht in   
in meiner Pfarrei Rio Mulato bin? Gerne h{tte ich nat{rlich wie in den     
vergangenen Jahren mit drei meiner Bergcomunidades dieses Marienfest       
gefeiert. Leider machte mir ein Unfall einen Strich durch meine Pl{ne.     
Hatte mich bei einem unserer Kantonalsfu~ballturniere in Opoco derart      
schwer an der Achillessehne verletzt, da~ selbst unsere bew{hrten Haus-    
mittelchen aus der Inkazeit nicht mehr helfen wollten. Als es schlie~lich  
mit dem Gehen nicht mehr klappte, begab ich mich nach Cochabamba, wo ein   
mir befreundeter Priester auch als Arzt arbeitet. Einer seiner Freunde     
wiederum, ein anerkannte Traumatologe, teilte mir dann die ersch}tternde   
Diagnose mit: Achillessehnenabri~. Schon einge Stunden nach der Unter-     
suchung lag ich auf dem OP Tisch. Danach zwei Tage Krankenhausaufenthalt,  
Verlegung in den Konvent der mir befreundeten braslianischen Franzis-      
kanerinnen hier mit einem riesigen Gips und wochenlages Bettruhe. Danach   
die lange und mitunter sehr schmerzhafte Physiotherapie, aber nun bin ich  
froh, da~ es wieder recht geht, mit dem Gehen klappt und erwarte nur       
noch meinen Katecheten f}r die langersehnte R}ckfahrt mit dem Jeep nach    
Rio Mulato. Ja, so kann es einem ergehen. Aber auch diese schweren         
Monate gingen vor}ber. Man hatte Zeit }ber so Vieles nachzudenken, zum     
Meditieren, zum Beten, zum Schreiben, zum TV Schauen und nat}rlich zum     
Lesen. Wir wissen, da~ uns Gott gerade in diesen schweren Zeiten beson-    
ders zur Seite steht. Aus meinen drei Hauptd|rfern besuchten mich          
Pfarrangeh|rige, selbst unser Bischof war dreimal an meinem Krankenbett.   
Leider mu~ er uns verlassen, da er in dieser Zeit zum Erzbischof von       
LA PAZ ernannt worden ist. Wir verlieren ihn nur sehr ungerne, da er       
immer ein sehr offenes Ohr f}r seine Priester hatte und so etwas wie       
einen famili{ren Charakter in unseren Klerus gebracht hat. Besondern uns   
Ausl{ndern stand er immer sehr wohlwollend gegen}ber. Lie~ es sich nie     
nehmen trotz seiner vielf{ltigen }berdi|zesanen Verpflichtungen, bei       
einem Kaffee oder Cocatee etwas zu plaudern. War eben so, wie man sich     
einen Pastor gerne w}nscht.                                                
Vorn meinen Pfarrangeh|rigen die mich hier besuchten oder }ber Radio       
meldeten, h|rte ich, da~ man auch in meiner Ausenz die sonnt{glichen       
Zelebrationen fortf}hrte. Etwas, was ich langsam eingef}hrt habe, denn     
ich kann ja an den Sonntagen nur in zwei oder drei D|rfern die Hl.Messe    
lesen. Fr}her w{re das unvorstellbar gewesen. Religion war nur etwas       
f}r das einmal im Jahr stattfindere Fest gewesen. So wird die Freude       
auf beiden Seiten gro~ sein, wenn wir uns nach dieser langen Zeit in den   
Bergd|rfern wiedersehen k|nnen.                                            
Gro~e Freude herrscht auch in Calazaya, denn ich konnte noch vor meiner    
Operation einen 16 kW Diesellichtmotor einkaufen, der mittlerweile das     
ganze Dorf in den Abendstunden hell erleuchten l{~t. Ihr kennt ja          
unsere Pastorallinie: Das Evangelium verk}nden in Wort und Tat,            
So m|chte ich auch Euch allen danken, die Ihr unsere Arbeit mit Eurem      
Gebet begleitet, mit mir durch Eure Briefe in Kontakt steht und uns        
auch konktret mit Euren so wichtigen Spenden bei unseren so zahlreichen    
Projekten (Mehr dazu im m{chsten Rundbrief) helft.                         
Vergelte Euch alles unser HERR.                                            
In Verbundheit gr}~t Euch                                                  
     P.Claus Braun  CP4BT                                                  
                                                                           
F}r Spenden:Missionsprokur Knechtsteden                                    
            Postbank Kk|ln, Kto.Nummer 464500 BLZ 37010050                 
            betr.:P.Claus Braun, Bolivien                                  



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