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DL6MAA > CLOVER   06.05.96 18:33l 185 Lines 9790 Bytes #-10536 (0) @ ALLE
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To  : CLOVER @ ALLE



             CLOVER II - Anmerkungen zur Kritik von DK4ZC
             ============================================

Fred, DK4ZC, kritisiert die Einspielung zum Vergleich PACTOR-II/CLOVER-II
von EA5FIN in etlichen Punkten sehr einseitig zugunsten von CLOVER-II.
Ich kenne Fred von mehreren netten PACTOR- und CLOVER-QSOs her und weiß,
daß er ein sehr engagierter CLOVER-Fan ist. Trotz aller Begeisterung für
die eine oder andere Betriebsart sollte dennoch der Boden der Tatsachen
nicht verlassen werden!
Ich denke, man muß einige Aussagen in der Einspielung von EA5FIN etwas
kommentieren, um den Sinn verständlicher zu machen:


- CLOVER Links only possible with relatively strong and stable signals

Hierzu verweise ich auf die Meßprototolle zum Vergleich PACTOR-I/CLOVER-II
im CQ DL 11/94, die an der Universität Ulm von völlig unabhängiger Seite
erstellt wurden und eine sehr deutliche Sprache sprechen.
Resümee im Artikel: Einen DSP kann man sicher effizienter einsetzen als
bei CLOVER und damit näher an die Shannon-Grenze herankommen.

Man könnte argumentieren, daß in der getesteten, relativ alten CLOVER-Soft-
ware noch Unzulänglichkeiten vorhanden waren, die mit den neueren Versionen
behoben wurden und daher die Leistungsfähigkeit nun besser als vor drei
Jahren sein könnte.
Im März 1995 wurde von einer Firma in der Schweiz eine sehr genaue und
aufwendige Vergleichsreihe erstellt zwischen SITOR/AMTOR PACTOR-I PACTOR-II
und CLOVER-II. Die Messungen dauerten insgesamt ca. eine Woche. Als Meßein-
richtung diente ein sehr teurer Magnavox-Ionosphärensimulator.
Der Unterschied bei schwachen bzw. gestörten Signalen zugunsten PACTOR-I
im Vergleich zu CLOVER betrug etwa 10 dB! (Leistungsfaktor 10!). CLOVER-
Verbindungen brachen etwa bei dem Störabstand bereits ab, bei dem PACTOR-I
von 200 Bd auf 100 Bd herunterschaltet. Der Unterschied zwischen PACTOR-II
und CLOVER bei "grenzwertigen" Signalen betrug sogar ca. 20 dB (Leistungs-
faktor 100!).
Das liegt vor allem daran, daß bei CLOVER kein Memory-ARQ zur Anwendung
kommt, also bei "low edge signals" sehr viel Nutzinformation einfach ver-
schenkt wird. Wenn man z.B. die wissenschaftliche Zeitschrift 'IEEE Trans-
actions on Communications' der letzten 10 Jahre durchstöbert, findet man
KEIN neues ARQ-Protokoll mehr, das OHNE Code-Combining bzw. Memory-ARQ
entworfen wurde.

- Occupied Bandwidth: 550 Hz at -50 dB.

Dazu muß man nur die von HAL veröffentlichten Kurven ausmessen (z.B.
mit dem Lineal) und kommt exakt zu diesen Zahlen.
Das CLOVER-II-Spektrum ist an seiner Oberseite recht breit und reicht
weit in den Flankenbereich normaler 500 Hz-CW-Filter hinein, so daß
Signalverzerrungen unvermeidlich sind. Dies  merkt man  vor allem bei
8DPSK und 16DPSK, denn der nötige Störabstand steigt durch die Verzer-
rungen an bzw. macht 16DPSK gänzlich unmöglich.
HAL schreibt im CLOVER-Handbuch: Betrieb OHNE 500 Hz-Filter wird
empfohlen!

Zur allgemeinen Bandbreite-Diskussion möchte ich noch anmerken:
Es gibt einen de-facto-Standard mit 500 Hz-Kanälen. Diesen muß man (und
kann dies guten Gewissens) akzeptieren. Wenn man z.B. das 20 m-Band häu-
fig beobachtet, wird man zwischen 14060 und 14080 kHz selten mehr als
15 QSOs finden. In diesem Segment wären jedoch 40 Kanäle (500 Hz) ver-
fügbar. Das oftmalige "Chaos" auf den  Bändern  entsteht  nur  selten
durch "physikalische" Überbelegung, sondern ganz einfach durch schlech-
te Betriebstechnik. Ein 250 Hz-Raster, wie von DK4ZC vorgeschlagen,
würde an dieser Situation kaum etwas verbessern - eher das Abstimmchaos
noch vergrößern.
Es geht also darum, einen 500 Hz-Kanal möglichst effizient auszunutzen,
nicht darum, die Bandbreite nochmals zu verkleinern. Auch bei schlechten
Signalen sollte noch ein flüssiges QSO möglich sein. Je kleiner die Band-
breite, desto kleiner ist die mögliche Informationsrate bei gegebenem
Störabstand.

- Tuning Display...

Die Abstimmanzeige bei PACTOR-I/AMTOR/RTTY ist in dem HAL-Original-
Programm für meine Begriffe praktisch unbrauchbar. Das Abstimmkreuz
in der neuesten EXPRESS-Terminal-Version habe ich leider noch nicht
getestet. Die bisherige Anzeige verhielt sich aber auch im Express-
Programm sehr unzulänglich. Es ist schwer vorstellbar, daß nur durch
eine andere Darstellung auf dem Schirm (Kreuz anstatt mehrerer Bal-
ken) eine Erhöhung des effektiven Informationsgehaltes erreicht wer-
den kann.
In CLOVER hat die Abstimmanzeige zwar eine Auflösung von 1 Hz, aber
wackelt vor allem bei schwachen Signalen stark hin/her.
Beim Connect-Aufbau, also genau dann, wenn man die Anzeige am dringend-
sten braucht, springt die Anzeige noch hin/her und die Abstimmung erfor-
dert erhebliche Übung. Von einer Automatik habe ich noch nichts be-
merkt.
HAL schreibt im CLOVER-Handbuch: Manuelle Abstimmung auf +-10 Hz
ist nötig für optimalen Betrieb.
Meine CLOVER-Erfahrung diesbezüglich: Ziemliches Gefummele am VFO!
Auch bei +-30 Hz sind allerdings bei starken Signalen und BPSM (=DBPSK)
noch Verbindungen möglich.
(Ich arbeite derzeit mit einem TS-450, hatte früher aber auch viele
Jahre einen FT-101. Der alte Kasten war gut temperaturkompensiert
und hätte vermutlich auch für ein DBPSK-CLOVER-QSO noch ausgereicht.)

- Terminalprogramme allgemein...

Zum Original-HAL-Terminalprogramm kann ich nur sagen: Ich konnte es an-
fangs kaum glauben: Keine Mouse-Unterstützung, umständlich in der Be-
nutzung, nicht frei konfigurierbar, kein Log, kein Remote-Möglichkeit,
usw., usw.
Sowas schafft ein Hobby-Programmierer heutzutage gut in einer Woche!


Das EXPRESS-Terminalprogramm von TY1PS empfinde ich als recht gelungen und
es wäre sicher kein Nachteil, wenn Peter sein Programm gelegentlich auch
an PACTOR-Controller anpassen würde.
(Das Express-Programm war hier NICHT im Lieferumfang, sondern ein Freund
hat es für mich über die IDRA bezogen. Der Preis ist in einem vernünftigen
Rahmen.)
Man muß klar differenzieren: Das MODEM schafft den PHYSIKALISCHEN PFAD,
also die LAYER 1 und LAYER 2 der Verbindung. Wenn eine Betriebsart Schwächen
aufweist, so daß die Informationsrate niedriger als möglich bleibt bzw. ein
Link vorzeitig "den Geist aufgibt", kann dies auch durch noch so schöne
"Kosmetik" eines Terminalprogramms nicht aufgewogen werden.
Dies gilt prinzipiell auch für die Abstimmanzeige und die automatische Fre-
quenzkorrektur. Wenn vom Modem nur eine "verhackstückelte" Abstimminforma-
tion an das Terminalprogramm geliefert wird, kann das Terminalprogramm da-
raus keine genaue Abstimmanzeige zaubern. Die QRG-Offset-Korrektur ist ein
integraler Bestandteil der LAYER 1 im Protokoll. Wenn es ein Hersteller
Dritt-Softwareanbietern überläßt, eine Drift-Kompensation notgedrungen auf-
zusetzen, ist dies nicht gerade überzeugend.

- Status Display...

Bei CLOVER keine Anzeige von Idle/Traffic/RQ, usw. Als User hat man z.B.
so gut wie keine Information, weshalb der Textfluß momentan nicht weiter-
läuft - teilweise frustrierend.
Anzeige von SNR und Phasen-Dispersion erinnert etwas an "Hausnummern-
Vergabe". Ich habe versucht, hier am Präzisions-Rauschmeßplatz eine ein-
deutigen Zusammenhang zwischen der Anzeige bei CLOVER und dem tatsächlichen
SNR herzustellen. Linear ist dieser ganz sicher nicht......
Was bedeutet denn PHASEN-DISPERSION??? Der Kanal-Frequenzgang einer Kurz-
wellenstrecke ist üblicherweise recht komplex (im wahrsten Sinne des Wor-
tes)... Die Impulsantwort des Kanales kann man nicht einfach mit einer
Hausnummer, die man Phasendispersion nennt, beschreiben!

- Data compression...

Die ONLINE-Datenkompression bei PACTOR-I/II hat mehrere Vorteile:
Der Amateurfunk lebt auch davon, daß man über die Bänder drehen kann und
sich ansehen kann, was da so vor sich geht. Es ist absolut unbefriedigend,
wenn man sogar "normale" QSO's nur noch als unleserliche Hieroglyphen beim
Mitlesen auf den Schirm bekommt. Genau das passiert aber, wenn man die
Datenkompression nicht ONLINE/paketweise (!) durchführt. Es ist natürlich
klar, daß man ein gesamtes FILE im Prinzip als Ganzes effizienter kompri-
mieren kann als mit Huffman- oder Markow-Kompression - dann ist aber das
Mitlesen für Dritte UNMÖGLICH. Auch Lempel-Ziv-Codierung (LZW, etc.) ist
nicht gedächtnis-frei und kann daher nicht mitgelesen werden, wenn man
die "Vorgeschichte" nicht kennt!
Ferner ist es doch unsinnig, z.B. Directories usw. beim Mailboxverkehr
NICHT zu komprimieren, nur weil es sich dabei um KEINE Files handelt, die
man als Ganzes (mit Kompressions-Header usw.) verschicken kann.
Außerdem sollte bei schlechten Conds noch immer ein flüssiges QSO möglich
sein - hier macht sich ein Geschwindigkeitszuwachs um Faktor 2 durch die
Markow-Kompression bei PACTOR-II sehr deutlich bemerkbar.
Falls nur noch Idle kommen, weil der Kanal "zu gut" ist für die Schreib-
geschwindigkeit, regelt der PTC-II die Sendeleistung automatisch nach
unten, was indirekt auch wieder das Band entlastet. Die ONLINE-Quellen-
codierung ist also fast immer nützlich und sinnvoll im Amateurfunk.


Ich möchte nicht, daß hier nun der Eindruck entsteht, ich würde CLOVER
nur "miesmachen". Ich habe mir hier vor ein paar Monaten noch die Mühe
gemacht, ein CLOVER-Board in meine private AFU-Station einzubauen, um zu
sehen, wie sich das Verfahren im "rauhen QSO-Alltag" verhält. Außerdem
bin ich immer offen dafür, von anderen Verfahren etwas zu lernen.
Meine praktischen CLOVER-Erfahrungen bestätigten aber deutlich die Meßer-
gebnisse vom Ionosphärensimulator. Ich halte es daher der Fairness den
Usern gegenüber für angebracht, etwas schöngeredete, subjektive Aussagen
zu CLOVER zu relativieren.
Dennoch: Wem CLOVER Spaß macht, der soll eben CLOVER fahren.
Für mich gilt jedoch die Prämisse: Das Bessere ist des Guten Feind.
Und es gibt etwas Besseres als CLOVER!

73 etc.
de Peter.




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