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DG1DAC > TECHNIK  07.04.04 13:49l 122 Lines 5827 Bytes #999 (0) @ DL
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Subj: Buergerrechtler zur RFID Diskussion
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From: DG1DAC @ DB0FBB.#NRW.DEU.EU  (Christoph)
To:   TECHNIK @ DL

RFID-CHIPS Diskussionen

RFID-Chips, kleine Brueder und schmutzige Bomben Die Debatte 
um das Vorpreschen von Wirtschaft und Politik beim Einsatz 
der RFID-Technik zur Kennzeichnung von Guetern und zur 
Brandmarkung von Tieren und Menschen geht unvermindert 
weiter. Am gestrigen Montagabend kam es in Berlin zu einem 
heftigen Schlagabtausch zwischen Befuerwortern der funkenden 
Mini-Chips auf Basis der "Radio Frequency Identification"-
Methode aus der Wirtschaft und Gegnern aus dem Lager der 
Buergerrechtler bei einer Diskussionsrunde der Heinrich-Boell-
Stiftung zum Thema "Smart Chips: kleine Brueder oder grosse 
Chance?".  

Der Bochumer Technikberater Hartmut Keuper erklaerte das 
Draengen von Daten- und Verbraucherschuetzern auf ein 
Moratorium vor der voreiligen Implementierung der 
"Schnueffelchips" als verfehlt. "Stop RFID -- das ist 
laecherlich", sagte er. Padeluun, der Bielefeder Aktivist vom 
Verein FoeBuD (Hauptinitiator der Kampagne stoprfid), hielt 
dagegen: "Sie koennen machen was Sie wollen, die Chips werden 
so zumindest nicht kommen."

"So" steht fuer die Buergerrechtler fuer den juengsten 
Suendenfall der wirtschaftlichen Nutzung von RFID-Tags, der 
von der Metro in ihrem Future-Store heimlich praktizierten 
und erst nach Protesten von FoeBuD wieder eingestellten 
Verknuepfung von Rabattkarten mit den umstrittenen 
Identifizierungschips. Da sich damit eine nahtlose 
Verbindung zwischen gekauften Waren und einem 
personalisierten Dokument herstellen lasse, habe dieser 
Schritt die bereits problematische Profilbildung hinter dem 
Ruecken der Verbraucher noch verschaerft, urteilte der 
Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Der mit 
Kundenkarten begonnene Prozess laufe "dem Menschenbild des 
Grundgesetzes zuwider", denn er mache den Einzelnen 
durchschau- und manipulierbar.

"Metro hat die Grenze ueberschritten und sich einen 
Baerendienst erwiesen", bekraeftigte Schaars Kollege in 
Brandenburg, Alexander Dix. Die "massenweise Erhebung von 
Daten", fuer die Smart-Tags haeufig genutzt werden, sei in 
Deutschland schon aufgrund des gesetzlich gegebenen 
Grundsatzes der Datensparsamkeit zu beschraenken. Die 
Datenschuetzer fordern eine Kennzeichnungspflicht fuer RFID-
Chips. Zum anderen machen sie sich dafuer stark, dass 
Verbraucher die Ueberwachungswerkzeuge nach dem Passieren der 
Kasse im Laden deaktivieren koennen.

Vertreter aus der Wirtschaft versuchten um Vertrauen zu 
werben und Mythen rund um die kleinen Brueder zu widerlegen. 
"Kein Unternehmen hat vor, mit den Daten einen Missbrauch zu 
begehen", erklaerte Joerg Pretzel, Geschaeftsfuehrer der 
Centrale fuer Coorganisation, die sich um die 
Standardisierung der Funk-Transponder kuemmert. Im Publikum 
loeste das allerdings nur Gelaechter aus. Laut Pretzel geht es 
der Industrie hauptsaechlich um eine verbesserte Logistik, wo 
er allein in Deutschland Einsparpotenziale von 5 bis 8 
Milliarden Euro durch eine leichtere Erkennung von Paletten 
und Umverpackungen sieht. Funketiketten auf Einzelwaren 
bewarb der Unternehmer aber auch: mit ihnen koennten 
Maengelgueter rasch zurueckgeordert oder die 
Schadensrueckverfolgung fuer die Verbraucher erleichtert 
werden. Zudem gehe es um die Diebstahlsicherung.

Noch kann RFID nicht den universellen Barcode ersetzen, 
betonten die Wirtschaftsgesandten. "Die grosse Euphorie ist 
ruecklaeufig", verkuendete Fritjof Walk von der 
Transponderfirma Feig Electronic. Nach wie vor gebe es 
technische Probleme. So seien die normalen, passiven Tags 
oft nicht weit genug auslesbar. 80 Zentimeter sei die Regel, 
zwei bis drei Meter das Hoechste der Gefuehle. Laut Pretzel 
liegt die Leserate der Chips auch noch lange nicht bei 100 
Prozent. Dazu kommt, dass die Preise fuer die 
Halbleitertechnik nicht so rasant fallen, wie von 
Handelsriesen gewuenscht. "Wal-Mart hat gefordert, dass ein 
Transponder hoechstens 2 bis 3 Cent kosten darf", so Walk. 
Doch keiner auf Industrieseite haette erklaert, das man dies 
hinbekommen koenne. "Es wird weitere Enttaeuschungen geben", 
ist sich der Deutschland-Chef des Verbands fuer automatische 
Datenerfassung (AIM) sicher. Er warnte vor ueberzogenen 
Erwartungen wie in den Zeiten des Neuen Markts.

Doch waehrend die Wirtschaft einen Realitaetscheck durchfuehrt, 
haben Innenpolitiker die Ueberwachungspotenziale der RFID-
Technik im Kampf gegen den Terrorismus entdeckt. Vor allem 
geht es um die Verknuepfung biometrischer Merkmale mit den 
kontaktlosen Funksystemen auf der naechsten Generation von 
Reisedokumenten. Von den entsprechenden und bereits weit 
fortgeschrittenen Standardisierungsbemuehungen berichtete 
Schaar: Die persoenlichen Daten der Buerger sollen demnach 
"durch ein geheim zu haltendes Verfahren" vor unberechtigtem 
Auslesen geschuetzt werden. Diesen Ansatz von "Security by 
Obscurity" haelt der Datenschuetzer aber fuer falsch: 
Angesichts zehntausender Kontrollstellen mit Lesegeraeten 
koenne damit kein Vertrauen geschaffen werden.

Fuer den taz-Journalisten Matthias Urbach handelt es sich bei 
der Diskussion um RFID dagegen um eine "Geisterdebatte", bei 
der dieselben Argumente wiedergekaeut werden wie bei der 
Einfuehrung des PCs. Die Furcht um Datenschutz-Gaus kann er 
nicht nachvollziehen. Schmutzige Atombomben in den Haenden 
von Terroristen seien deutlich bedrohlicher als RFID-Tags 
auf Weltmeisterschafts- oder Bahntickets. 

Quelle:
tol/c't - Stefan Krempl 

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Anmerkung des Einspielers:
Ich bin schon sehr gespannt wenn die ersten Gesetzentwuerfe 
und Debatten zu dem Thema RFID in den entsprechenden 
Gremien laufen werden. 

Warum man zu dem Thema noch garnichts von den EMV-Hysterikern
gehoert hat verwundert doch auch.

Gruss Christoph




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