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DB0FHN

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DB8AS  > RELAIS   04.11.12 00:35l 275 Lines 14460 Bytes #999 (0) @ DL
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Subj: Beobachtungen im 2m Band
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Uralt, aber irgendwie brandaktuell.

73 Jochen DB8AS

Beobachtungen im 2-Meter-Band!

00:00 Uhr bis 07:15 Uhr: Weißes Rauschen.

07:15 Uhr: Es ertönt ein sägezahnförmiger Rufton, der von
einem lang anhaltendem Gähnen zu einem vollständigen Ruf
ergänzt wird. Anscheinend war das Gähnen sehr markant, umgehend
erfolgt eine gezielte Antwort.

07:20 Uhr: Die Frequenz beginnt sich zu beleben. man diskutiert
über das Wetter, über den Straßenzustand, über das Aufstehen im
Allgemeinen, über den gerade einsetzenden Schneefall und über
ähnliche, dem Amateurfunk stark verbundene Themen.

07:45 Uhr: Um die anhaltende Müdigkeit zu vertreiben, beginnt
man sich durch gekonnt angebrachte, einen gewissen Humor nicht
entbehrende Zwischenrufe aufzumuntern. Ein neu lizenzierter OM
hört diese Scherze, auf die es in einem gewissen Teil Deutschlands
bereits Rente gibt, zum ersten Mal und lacht darüber.
Allgemeine Verwunderung ...

07:50 Uhr: Der Schneefall steigert sich . Nun meldet sich ein
Außenposten des HAM-Straßeninformationsdienstes und berichtet
von einem längeren Stau in der Megaohmstraße. Er tut dies mit
einer bewundernswerten Ausführlichkeit und auch sehr langatmig.
Ehe er auch noch die einzelnen Autotypen aufzählt, die an dieser
Stauung teilnehmen, wird er unterbrochen. Dankbar für diese
Frühwarnung ändern alle anderen OM's, die der Arbeit zustreben,
die Fahrtrichtung und verstopfen die Nebenstraßen. Ein ortskundiger
OM verliert die Orientierung und die Nerven. Er bittet verzweifelt
um Hilfe. Sofort widmet man sich diesem Problem und beginnt den
Verwirrten kreuz und quer durch die Stadt zu dirigieren. Nach
einigen Minuten bricht die Funkverbindung ab. Der Bedauernswerte
war falsch abgebogen und in einer Tiefgarage gelandet.

08:00 Uhr: Das erste Problem technischer Art taucht auf. Der Wagen
will trotz aller Versuche eines Piloten nicht anspringen. Sofort
ertönen gute Ratschläge von allen Seiten, die jetzt noch nicht
ausgewertet werden können, da mindestens zwei bis drei Stationen
simultan sprechen. Der beste Ratschlag kommt von einem autorisierten
Fachmann, der zuerst vorschlägt, aus Gründen der Stromersparnis das
Funkgerät abzuschalten und dann unbekümmert weitere Anweisungen gibt,
ungeachtet der Tatsache, daß der Arme ihn mit ausgeschaltetem
Funkgerät kaum hören wird.

08:15 Uhr: Der erste OM hat trotz des schlechten Straßenzustandes
seinen Arbeitsplatz erreicht. Man beglückwünscht ihn zu diesem
einzigartigen Beispiel fahrerischen Könnens und er bedankt sich
überschwänglich.

08:30 Uhr: Es wird langsam ruhiger, der Arbeitsalltag beginnt.

09:00 Uhr: Man unterhält sich über das aktuelle und gravierende
Problem, ob permanente HF-Einstrahlung impotent macht.
Allgemeines Unbehagen tritt auf ...

09:25 Uhr: Man schlägt vor, der DARC solle einen Film unter dem
Titel "AMATEURFUNK REPORT" drehen lassen.

10:00 Uhr: Es tauchen Erziehungsprobleme auf. Es wird behauptet,
daß ein Kleinkind, das ständig des Funkverkehrs teilhaftig wird,
einen schweren seelischen Schaden davontragen kann, der bis zum
völligen Versagen im Physikunterricht führen kann.

11:00 Uhr: Zum ersten Mal nennt jemand sein Rufzeichen. Peinliche
Stille folgt. Man weiß nicht so recht, was man davon halten soll.
Dann wird dieser sensationelle Vorschlag aufgegriffen und ein
allgemeines "Rufzeichen-Nennen" erfüllt den Kanal.

12:00 Uhr: Jemand, der als notorischer Quengler bekannt ist, behauptet,
dieser Kanal sei kein Kanal, sondern ein ganzes Band für sich.
Er habe einen sehr trennscharfen Empfänger und müsse nun laufend die
Abstimmung korrigieren. Da ihm der Besitz einer A-Lizenz eine gewisse
Kompetenz verleiht, nimmt man sich dieses Problems an. Man einigt sich
nach einer kurzen Grundlagendiskussion darauf, daß die Frequenzen der
einzelnen Stationen vielleicht geringfügig variieren können, - die
Quarze sind auch nicht mehr das, was sie vor dem Krieg mal waren -,
dieses Problem jedoch völlig unbedeutend sei, da echte praxisnahe
FM-Empfänger mindestens 50 kHz breit sind. Der Quengler sei also selber
Schuld. Warum kauft er sich auch so einen unpraktischen schmalbandigen
Empfänger. Typischer Geltungstrieb der Leute, die zu Hause nichts zu
sagen haben.

13:00 Uhr: Jemand fragt, wie spät es ist. Umgehend werden von allen
Seiten Vorschläge eingereicht, die um insgesamt 15 Minuten variieren.
Man beginnt nun unter Anleitung eines Akademikers im Ruhestand das
arithmetische Mittel zu bilden und einigt sich um ungefähr 13:20 Uhr
darauf, daß es ziemlich genau 13:00 Uhr sei. Nachdem die Rechnung
nochmals überprüft worden ist, steht das amtliche Ergebnis dieser
Zeitanalyse fest. Der lächerliche Einwand, inzwischen sei aber einige
Zeit vergangen, wird durch die Bemerkung entkräftet, so genau komme es
ja nicht drauf an.

14:00 Uhr: Jemand, der viel herumkommt, erzählt, er habe gestern etwas
von einem Logbuch gehört. Was das denn sei? Allgemeine Ratlosigkeit.
Jemand versichert, es sei eine neue Formelsammlung für den Funkamateur,
sie sei ganz toll und dabei gar nicht teuer. Man beschließt, sofort 5
Exemplare von dieser neuen Literatur für die OV-Bücherei anzuschaffen.

15:00 Uhr: Der erste unangenehme Zwischenfall des Tages: Ein OM versucht
während der Fahrt sein defektes Bedienteil zu reparieren und prallt mit
voller Fahrt (er: höchstens 40 km/h, Polizei: ungefähr 60 km/h, einige
Zeugen: mindestens 80 km/h) auf eine Kolonne auf, die unverschämter weise
mitten auf der Straße herum stand. Er verabschiedet sich mit der Bemerkung,
er habe mit seinem Vordermann einige versicherungstechnische Angelegenheiten
zu regeln. Bedauerlicherweise brachte die Polizei nicht das geringste
Verständnis für seinen Funkgeräteservice während der Fahrt auf.

15:10 Uhr: Das Band belebt sich langsam wieder, der allgemeine Rückreiseverkehr
von der Arbeit hat eingesetzt. Man diskutiert technische Probleme und unterhält
sich über das zu erwartende abendliche Fernsehprogramm.

15:20 Uhr: Angesichts des Feierabends hebt sich die allgemeine Stimmung.
Doch der Schnee fordert sofort weitere Opfer. Jemand fährt in Hochstimmung
und voller Schwung in den Graben. Man nimmt dies zum Anlaß, über den
Streudienst und über die Stadtverwaltung und über das Wetter zu schimpfen
und überhaupt ...! Mit viel fahrerischem Können und unter ermutigendem
Zurufen seiner Funkpartner gelingt es dem Ausrutscher, seinen Kraftwagen
wieder auf die Straße zu bringen. Als er jedoch aussteigt, um den Schaden
an seiner Halogenlampenbatterie zu schätzen, prallt ein vom Kurs abgekommener,
schleudernder Wagen auf sein Heck und schubst sein Auto erneut in den Graben.
Er resigniert und geht zu Fuß nach Hause.

15:25 Uhr: Inzwischen diskutiert man darüber, ob man den Funkverkehr auf
Kurzwelle nicht ganz abschaffen sollte. Dummerweise wohnt dieser Diskussion
ein B-Lizenzler bei, so daß das Gespräch nicht objektiv geführt werden kann.

15:30 Uhr: Jemand hat das Schlagwort "Funkschrott" in Verbindung mit den
hochwertigen Taxenfunkgeräten der 50er Jahre fallen lassen. Die Entrüstung
kennt keine Grenzen. Man spricht von lynchen und sogar von Clubausschluß.
Davon wird dann doch abgesehen, da der Betreffende OVV ist und nur unter
enormen Schwierigkeiten ein Ersatz für ihn zu beschaffen wäre.

15:45 Uhr: Jemand treibt die gereizte Stimmung auf die Spitze, indem er in
den Kanal hinein "CQ-DX" ruft. Aus einleuchtenden Sicherheitsgründen nennt
er dabei kein Rufzeichen. Man einigt sich darauf, daß dies ein Scherz sein
sollte und belacht ihn ausgiebig.

16:00 Uhr: Die Stimmung bessert sich wieder etwas. Jemand mußte sein ins
Schleudern geratene Fahrzeug durch schnelle Lenkbewegungen abfangen. Als
er vor lauter Rutschen schon kleine Sternchen sah und ihm schwindelig wurde,
entschloß er sich der Sache ein schnelles Ende zu bereiten. Er pilotierte
seinen Wagen sehr sicher und zielstrebig gegen ein Verkehrsschild.
Dann machte er sich auf die Suche nach seinem Mikrofon, das ihm bei der
Slalomfahrt aus dem Fenster gefallen war. Er fand es auch wieder, allerdings
war zwischenzeitlich ein LKW darüber gefahren und seine Stimme klang etwas
gepreßt.

16:10 Uhr: Durch diesen Vorfall angeregt, unterhält man sich über das Fahren
im Schnee. Der unbeteiligte Beobachter gewinnt den Eindruck, daß alle
Beteiligten über enorme Rally-Erfahrung verfügen und mindestens einmal die
Strecke der Rally Monte Carlo gefahren sind. Es ist ein wahrer Genuß, den
Profis zuzuhören. Der Einwand, ein Könner käme erst gar nicht ins Schleudern,
wird als dekadent und ketzerisch abgetan.

16:20 Uhr: Ein permanenter Lästerer zieht diese ernsten Betrachtungen über
Powerslade und Driften völlig unbegründet ins Lächerliche, indem er behauptet,
er habe beim letztjährigen 24-Stundenrennen von Pommes Frites einen goldenen
Maggiwürfel sowie eine kostenlose Baggerfahrt durch die Eifel gewonnen.
Man erhebt ernsthafte Zweifel an seinem Geisteszustand.

16:30 Uhr: Man wendet sich wieder funktechnischen Problemen zu. Es wird
vorgeschlagen, für die Clubstation die neue KW-Endstufe "Sound of Power"
anzuschaffen. Sie hat so schöne große Hebel und so viele bunte Lämpchen.
Außerdem paßt die Farbe des Gehäuses so schön zu der Farbe der Tapete in
der Funkstation und es wäre endlich der freie Platz auf dem Tisch ausgefüllt.
Beifälliges Gemurmel. Solch fundierten, technisch durchdachten Argumenten
kann sich niemand verschließen. Die Diskussion wird verzögert, weil man
einem Beteiligten erst erklären muß, was Kurzwelle überhaupt ist.
Der OVV fällt zum zweiten Mal unangenehm auf, er weiß es nämlich auch nicht ...

16:50 Uhr: Ein ortsfremder OM fragt nach einer Straße. Man macht ihm kurz
und mit der nötigen Schärfe klar, daß man für derartige Lappalien im Moment
wirklich keine Zeit habe. Was sich diese Touristen auch immer denken ...

17:00 Uhr: Die allgemeine Bastelstunde hat begonnen. Während ein OM damit
beschäftigt ist, aus einem Heizlüfter einen Antennenrotor zu machen, kürzt
ein anderer seine Fahrzeugantenne, mit der er bereits mehrere Male an die
Oberleitung der Straßenbahn gekommen ist. Nachdem er auf Anraten einiger
OMs sein Funkgerät öffnet, sieht er einen schwarzen Haufen verkohlter
Elektronik vor sich. Er beschließt spontan Briefmarken zu sammeln und
verabschiedet sich.

17:15 Uhr: Ein Dauerbastler schließt seine seit Wochen dauernden Arbeiten
an seinem Farbfernseher ab. Er hat einen vollen Erfolg zu vermelden:
Während am Anfang seiner Bemühungen nur der Ton zu leise war, geht jetzt
gar nichts mehr. Er behauptet, es sei aber trotzdem sehr nützlich gewesen,
denn er habe dabei viel gelernt. Dennoch ringt er sich jetzt dazu durch
einen Fachmann zu beordern, das Gerät wieder zu restaurieren. Eine Werkstatt
wird ihm besonders empfohlen. Während man bei anderen Betrieben immer einen
Monat warten müsse, sei dieser Experte bereits nach vier Wochen gekommen.

18:00 Uhr: Man diskutiert über Umsetzer ...

18:30 Uhr: Man diskutiert immer noch über Umsetzer.

18:40 Uhr: Man stellt fest, daß der Ortsumsetzer gerade im Moment besonders
gut aufzunehmen ist. Es liegt bestimmt am Schnee. Der OVV meldet sich
wieder zu Wort und behauptet schüchtern, das könne gar nicht sein, er
habe den Umsetzer vor einigen Tagen zwecks Reparatur abgebaut und der S
ender stehe im Moment neben ihm auf dem Fußboden. Nun wird es der illustren
Runde aber zu bunt, B-Lizenz hin, B-Lizenz her, das berechtigt ihn immer
noch nicht, laufend seinen Senf dazu zu geben und zu stänkern. Wenn man
den Umsetzer gehört habe, habe man ihn gehört, vielleicht habe man einen
besonders empfindlichen Empfänger. Man merkt jedoch bald, daß diese
Argumente nicht haltbar sind und wechselt schnell das Thema.

19:50 Uhr: Allgemeines Verabschieden, die Fernsehzeit beginnt.

20:45 Uhr: Ein Holländer, der mit den deutschen Gewohnheiten nicht vertraut
ist, ruft um diese unmögliche Zeit "CQ", natürlich keine Antwort.

22:00 Uhr: Jemand rülpst ins Mikrofon, der Krimi ist beendet.

22:10 Uhr: Nachdem sich jeder von der Mattscheibe losgerissen hat, beginnt
man den eben gesehenen Krimi ausgiebig zu analysieren und zu diskutieren.
Man entdeckt einen Fehler im logischen Ablauf des Falles.

22:20 Uhr: Es wird energisch bestritten, daß jemand, der von hinten
erschossen wird, nach hinten umfällt. Da derjenige, der das bestreitet,
weder jemals erschossen wurde noch jemanden erschossen hat, spricht man
ihm die Kompetenz für dieses brisante Thema ab.

22:25 Uhr: Man unterhält sich in Ermangelung funktechnischer Probleme
über Ballistik und plaudert von Morden und deren Vorbereitung.

22:30 Uhr: Mitten in diese interessante Unterhaltung pfeift sich ein
rückständiger VFO-Besitzer stundenlang ein und nennt auch noch provozierend
sein Rufzeichen. Natürlich wieder dieser poplige OVV. Jetzt ist aber Schluß.
Nach einem kurzen Volksbegehren werden für den nächsten OV-Abend kurzerhand
Neuwahlen ausgeschrieben. Das kann man beruhigt für die Allgemeinheit
feststellen, denn wer nicht auf dem Kanal QRV ist, der hat sowieso nichts
zu sagen. Unsere Kanalarbeiter können nicht hören, daß sich der abgesetzte
OVV kurz darauf in einem SSB-QSO für den guten Tip bedankt und sagt, es
hätte gut geklappt, er wäre diesen undankbaren Posten jetzt endlich los.

22:40 Uhr: Die ersten Witze werden verbreitet, allgemeines Gelächter.

22:50 Uhr: Jemand will ins Bett gehen. Man macht ihm erfolgreich klar, daß
er unter Umständen Wichtiges verpaßt, wenn er gerade jetzt abschaltet. Das
leuchtet ihm ein.

23:00 Uhr: Die Hochstimmung nimmt langsam ab, die Durchgänge werden immer
länger, jemand schläft ein und läßt den Träger stehen.

23:30 Uhr: Es wird allerorts QRT angemeldet und auch genehmigt.

23:40 Uhr: Zwei standhafte OMs unterhalten sich über Modellbahnen. Der
eine hat ein echtes Problem, mit dem er seit Tagen kämpft. Wenn ein
Schnellzug von links nach rechts über sein Kontaktgleis fährt, schaltet
sein Signal ganz richtig auf grün. Kommt er aber von rechts, fliegen
alle Sicherungen raus. Man überlegt und wägt ab. Ein Spätheimkehrer
meldet sich und macht einen wissenschaftlich fundierten Vorschlag zur
Lösung der Modellbahnmisere.

23:50 Uhr: Die Sicherungen fliegen nun nicht mehr raus, dafür steht ein
Trafo in Flammen. Nach einem erfolgreichen Löschversuch verabschiedet
sich der leidgeprüfte Modellbahner. Man vertagt das Problem auf morgen.

23:55 Uhr: Der Tourist sucht immer noch nach der Straße und fragt
schüchtern nach, ob ihm vielleicht jetzt jemand helfen könne.
Keine Antwort.

24:00 Uhr: Weißes Rauschen.

Text von DF7FE am 28.09.1982





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