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DB0FHN

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DC5JQ  > REGTP    24.10.98 13:21l 284 Lines 11566 Bytes #999 (999) @ DL
BID : 24A801DB0MKA
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Subj: CW-Verbot: Brief an RegTP
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Sent: 981024/0856z @:DB0MKA.#NRW.DEU.EU [HennefJO30PR DL3OE] $:24A801DB0MKA
de DC5JQ @ DB0MKA.#NRW.DEU.EU   (Ralph)

to REGTP @ DL

Liebe YLs und OMs,

Zur Information moechte ich den nachstehenden Brief veroeffent-
lichen, den ich vor einigen Tagen an die Regulierungsbehoerde
geschrieben habe. Es geht darin um das von einem Beamten der
RegTP ausgesprochene Telegraphie-Verbot fuer die Genehmigungs-
klassen 2 und 3.

Vy 73,
  Ralph, DC5JQ


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Regulierungsbehoerde fuer Tele-
kommunikation und Post
- Herrn R. Wilhelm -
Postfach 10 02 05                          20. Oktober 1998

95402 Bayreuth

per Einschreiben mit Rueckschein


-----------
Amateurfunk
-----------

Morsetelegraphie fuer die Genehmigungsklassen 2 und 3


Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Wilhelm,

Mir liegt in Kopie Ihr im Packet-Radio-Netz mittlerweile
bundesweit veroeffentlichtes Schreiben vom 19. Oktober
1998 an Herrn Guenter Schupp vor (317-8 B 3581-25), in
dem Sie die Rechtsauffassung vertreten, Inhabern der
Amateurfunk-Genehmigungsklassen 2 und 3 sei die Sendeart
"Morsetelegraphie" (A1A, F2A) zur Zeit nicht gestattet.
Ich teile diese Auffassung nicht und widerspreche Ihren
dortigen Ausfuehrungen.

Als Inhaber einer Amateurfunkgenehmigung der Klasse 2
(zugeteiltes Rufzeichen DC5JQ) bin ich direkt betroffen.
Ich sehe, dass Nutzungsmoeglichkeiten und Rechte, die
mir das Gesetz ueber den Amateurfunk (AFuG 1997) und die
Amateurfunkverordnung (AFuV) geben, wesentlich
eingeschraenkt sind. Ich bin der Auffassung, dass Ihre
im Schreiben an Herrn Schupp zum Ausdruck kommende
Interpretation der geltenden Amateurfunk-Bestimmungen
weder durch AFuV und AFuG, noch durch die Radio
Regulations der ITU gedeckt sind.

Ich vertrete vielmehr den Rechtsstandpunkt, dass
Inhabern von Amateurfunkgenehmigungen der Klassen 2 und
3 die Benutzung der Sendearten A1A und F2A in allen
ihnen zugewiesenen Frequenzbereichen erlaubt ist. Im
folgenden moechte ich Ihnen hierzu eine ausfuehrliche
Begruendung darlegen.

Sie argumentieren, dass die Sendearten A1A und F2A laut
den ITU Radio Regulations "manuelle Morsetelegraphie"
bedeuten. Dies ist richtig. Ihre sich nun anschliessende
Folgerung, dass die Ausuebung dieser Sendearten
grundsaetzlich nur nach einer bestandenen praktischen
Pruefung statthaft ist, entbehrt jedoch jeder Grundlage.

Im internationalen Recht spricht einzig Artikel S25.5
der ITU-Radio-Regulations die Relevanz einer
Morsetelegraphiepruefung an, indem den nationalen
Fernmeldeverwaltungen freigestellt wird, auf den
Nachweis des Beherrschens von manueller Telegraphie zu
verzichten, falls nur oberhalb von 30 MHz gesendet wird:

* ITU S 25.5:  Any person seeking a licence to operate the
* apparatus of an amateur station shall prove that he is
* able to send correctly by hand and to receive correctly
* by ear, texts in Morse code signals. The administrations
* concerned may, however, waive this requirement in the
* case of stations making use exclusively of frequencies
* above 30 MHz.

Es wird dabei nicht nach Sendearten unterschieden;
vielmehr ist "das Senden" schlechthin ("making use")
oberhalb von 30 MHz ohne Telegraphiepruefung moeglich.
Von dieser Bestimmung machen Sie seit 1967 Gebrauch,
indem Sie zuerst die Lizenzklasse C, spaeter dann die
Klassen 2 und 3 definiert haben.

Artikel S25.5 regelt folgerichtig nur den Zugang zu
Frequenzen und nicht die Benutzung von Sendearten. Eine
pruefungsrelevante Heraushebung von Morsetelegraphie mit
dem Ziel zusaetzlicher Privilegien wird oberhalb von 30
MHz durch die ITU nicht gedeckt. Demnach sind dort A1A
und verwandte manuell traegergetastete Sendearten
zunaechst einmal gleichberechtigt mit allen anderen
Sendearten einzustufen.

Das Zugestehen oder Verbieten bestimmter Sendearten kann
allenfalls im Rahmen technischer oder betrieblicher
Pruefungen realisiert werden. Hier stellt es die ITU den
nationalen Verwaltungen in Artikel S25.6 ins freie
Ermessen, die Inhalte und das Niveau zu definieren:

* ITU S 25.6:  Administrations shall take such measures as
* they judge necessary to verify the operational and
* technical qualifications of any person wishing to
* operate the apparatus of an amateur station.

Die hier angesprochene notwendige betriebliche und
technische Qualifikation wird in Deutschland in Anlage 1
der Amateurfunkverordnung (AFuV) definiert. Da sich
unsere Genehmigungsklassen 1 und 2 hinsichtlich
Pruefungsinhalt und Niveau (bis auf die
Morsetelegraphiepruefung fuer Sendebetrieb unterhalb 30
MHz) nicht unterscheiden, hat bereits jeder Inhaber
eines Pruefungszeugnisses der Klasse 2 alle
betrieblichen und auch alle technischen Kenntnisse fuer
ausnahmslos alle Sendearten einschliesslich A1A und F2A
nachgewiesen. Zum besonderen Ausdruck kommt dies durch
das Abpruefen der nur fuer Morsetelegraphie relevanten
Q-Schluessel (Punkt A 2.2) und von betrieblichen
Abkuerzungen (A 2.3). Im Pruefungsbereich "Abwicklung
des Funkverkehrs" (A 2.6) werden auch von Klasse 2-
Aspiranten die typischen Ablaeufe einer Telegraphie-
Amateurfunkverbindung verlangt.

Es entbehrt jeder Begruendung, oberhalb 30 MHz selektiv
die Ausuebung einer einzigen Sendeart unter vielen (A1A,
F2A) von einer praktischen Pruefung abhaengig zu machen.
Schliesslich wird das Beherrschen von anderen Modes wie
Pactor (J2D), Packet Radio (F2D), Slow Scan Television
(SSTV, J2F), Fax (J2C) und Fernsehen (ATV, C3F, F3F) von
Ihnen auch nicht in einer eigenstaendigen praktischen
Pruefung abgefragt. Morsetelegraphie ist - ob nun
manuell oder automatisch ausgeuebt - nichts weiter als
ein digitales Protokoll unter vielen anderen und
rechtfertigt keine Sonderbehandlung. An dieser Stelle
ist noch einmal zu betonen, dass die praktische Pruefung
in Morsetelegraphie ausschliesslich eine Relevanz
hinsichtlich des Zugangs zu Amateurfunkfrequenzen
unterhalb von 30 MHz hat.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, welchen
Verbindlichkeitsgrad die Radio Regulations der ITU
(frueher VO-Funk) fuer den Bundesbuerger und den
Funkamateur haben. Dieses Werk ist in erster Linie
bindend fuer die Beziehungen zwischen Staaten; es ist
ein voelkerrechtlicher Vertrag. Es muss in dieser Sicht
Beachtung finden und gilt fuer den Funkamateur dann,
wenn Funkverbindungen ueber Staatsgrenzen hinweg
durchgefuehrt werden. Andererseits ist dieses Regelwerk
niemals im vollen Wortlaut im Bundesgesetzblatt oder in
einem Amtsblatt veroeffentlicht worden. Der
Bundesbuerger muss statt dessen einen Geldbetrag von
mehreren hundert DM aufwenden, um in den Besitz dieser
Unterlagen in Form eines oder mehrerer umfangreicher
Buecher zu gelangen. Ich habe daher prozedurale Zweifel,
ob aufgrund dieser Randbedingungen die Radio Regulations
wirklich verbindlich sind. Auch habe ich Zweifel, ob
diese Bestimmungen korrekt in deutsches Recht
uebergeleitet worden sind.

Wenden wir uns nationalem Recht zu. Die
Amateurfunkverordnung (AFuV) definiert in Par 5(6), zu
was genau ein Amateurfunkzeugnis der Klasse 2
berechtigt:

* AFuV Par 5 (6):  Das Amateurfunkzeugnis der Klasse 2
* berechtigt zur Teilnahme am Amateurfunkverkehr in allen
* dem Amateurfunkdienst im Frequenznutzungsplan
* ausgewiesenen Frequenzbereichen oberhalb 30 MHz in allen
* zugelassenen Betriebsarten bis zur maximal zulaessigen
* Sendeleistung.

Dem Funkamateur der Klasse 2 werden oberhalb von 30 MHz
demnach "alle zugelassenen Betriebsarten" zugestanden.
Der Begriff "alle" wird dabei nicht weiter nach
Genehmigungsklassen ausdifferenziert und schlechthin auf
den Amateurfunkdienst als ganzes bezogen. In Ermangelung
des noch nicht erstellten Frequenznutzungsplans gilt zur
Zeit weiterhin Anlage 1 der alten DV-AFuG. In Folge sind
damit ausnahmslos alle in dieser Anlage aufgefuehrten
Sendearten auch fuer Klasse 2 nutzbar. Hierzu zaehlt
auch manuelle Morsetelegraphie (A1A, F2A).

In einem Telefongespraech hat mir heute Ihr Kollege
Norbert Gabriel einen Grund genannt, warum Ihre Behoerde
Morsetelegraphie nicht erlauben moechte. Herr Gabriel
war der Meinung, Funkamateure koennten schlecht gegebene
Telegraphiezeichen bewusst vortaeuschen, um
verschluesselte Nachrichten in Form eines selbst
erfundenen Morsealphabets zu uebermitteln. Ihm ging es
dabei um die Ueberwachbarkeit und Identifizierbarkeit
der Aussendungen.

Ich sehe allerdings keinen Grund, gerade bei der
Verwendung von Morsetelegraphie ein gegenueber anderen
Sendearten ueberzogenes Sicherheitsbeduerfnis zu
fordern. Die Amateurfunkverordnung (AFuV) verlangt in
Par 15(6) naemlich von ausnahmslos jeder Aussendung,
dass sie in offener Sprache abzuwickeln ist. Der RegTP
steht somit ein ausreichendes Instrumentarium zur
Missbrauchsbekaempfung zur Verfuegung. Wir brauchen an
dieser Stelle keine restriktive Doppelregulierung fuer
eine spezielle Betriebsart, deren Missbrauchspotential
ohnehin im Gegensatz zu anderen digitalen Modi sehr
gering ist.

Kommen wir nun zum europaeischen Aspekt. In sehr vielen
Laendern Europas ist den dortigen Amateurfunklizenzen
der CEPT-Klasse 2 der Sendebetrieb in Morsetelegraphie
(A1A, F2A) gestattet. Die Haltung Ihrer Behoerde, diese
Betriebsart in Deutschland nicht zu erlauben, stellt im
europaeischen Kontext eine ernsthafte Benachteiligung
dar.

Exemplarisch moechte ich Grossbritannien und die
Niederlande anfuehren. Die britische
"Radiocommunications Agency (RA)" unterscheidet in ihren
"Amateur Radio Licence Terms, Provisions and
Limitations" nicht zwischen den beiden dortigen Klassen
A und B. Der UKW-Klasse B ist lediglich der Sendebetrieb
unterhalb von 30 MHz untersagt. Ausdruecklich erlaubt
die RA allen britischen Funkamateuren "Morse" als "Type
of transmission". Sie koennen diese Bestimmungen, die
als Anlage meinem Schreiben beigefuegt sind, im Internet
nachlesen unter

         http://www.open.gov.uk/radiocom/br68.htm

Vom niederlaendischen "Rijksdienst voor
Radiocommunicatie (RDR)" in Groningen erhielt ich heute
die telefonische Auskunft (Tel. 0031-50-5877270), dass
die dortige CEPT-2-Klasse C keinen Einschraenkungen bei
der Verwendung von Morsetelegraphie unterliegt.

Interessant ist ferner, dass die britische RA die
Sendeart A1B in korrekter Weise als "automatic Morse"
bezeichnet, wobei dem hinteren Buchstaben B die
Bedeutung "Telegraphy for automatic reception" zukommt.
Dies entspricht dem Telegraphiebetrieb mittels eines
digitalen Modems.

A1B und F2B sind im Gegensatz zu A1A und F2A der
ehemaligen deutschen Klasse C schon immer erlaubt
gewesen und wurden von der deutschen Fernmeldeverwaltung
im Gegensatz zu den Briten als "Fernschreiben"
interpretiert. Dies stellt jedoch eine unzulaessige Ein-

schraenkung der Moeglichkeiten dar, weil ueber das zu
verwendende digitale Protokoll im Sinne des OSI-Schich-

tenmodells an keiner Stelle eine Aussage gemacht wird.
Die Zahl "1" im Sendeartbezeichner bedeutet laut ITU
naemlich lediglich, dass es sich um eine einkanalige
digitale Information ohne modulierten Untertraeger
handelt. Dies schliesst Morsetelegraphie mit ein.
Insofern ist der deutschen Klasse 2 automatische
Morsetelegraphie durchaus erlaubt.

Ich bitte Sie, von Ihrem bisherigen Rechtsstandpunkt
abzuruecken und sich meiner Auffassung anzuschliessen,
dass Morsetelegraphie (A1A, F2A) fuer die Amateurfunk-
Genehmigungsklassen 2 und 3 auf allen ihren Frequenzen
zulaessig ist. Sollten Sie bei Ihrer Auffassung bleiben,
dass Morsetelegraphie fuer die Klassen 2 und 3 nicht
erlaubt ist, werde ich eine verwaltungsgerichtliche
Pruefung der Angelegenheit in die Wege leiten.


Mit freundlichen Gruessen,

Dr. Ralph P. Schorn


Anlage:  Auszug aus den britischen
         Amateurfunkbestimmungen (Internet)




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