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DG1SGB > IBFD     11.12.95 20:35l 121 Lines 7360 Bytes #-10681 (0) @ OEDL
BID : BC5DB0AAB024
Read: DL6NX DL9SED DG4IAD DG1SPH DL7ALE DB3WB DG1NDE GUEST DO6NP
Subj: PR-Software fuer Blinde
Path: DB0AAB
Sent: 951211/1820z @:DB0AAB.#BAY.DEU.EU [Muenchen/Fachhochschule] BCM1.36q
From: DG1SGB @ DB0AAB.#BAY.DEU.EU  (Aleksander)
To  : IBFD @ OEDL


de DG1SGB @ DB0AAB.#BAY.DEU.EU (Aleksander)
To IBFD (BLIND) @ OEDL
Subject: PR-Software fuer Blinde - ein Erfahrungsbericht

Liebe Packet-Freunde,

seit etwa einem halben Jahr bin ich im Packet-Radio qrv. In dieser Zeit habe
ich oft die Frage gelesen: ">Packet-Radio fuer blinde? Geht denn das?"
Da ich selbst ein blinder Packet-User bin, ist diese Frage hiermit schon
einmal beantwortet. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie der Zugang
blinder User zum Packet-Radio mit groesstmoeglicher Funktionalitaet und
moeglichst geringem Aufwand moeglich ist. Auch hierzu habe ich schon mehrere
Artikel in den Boxen gelesen. Da ich in den letzten Monaten mit einigen
PR-Programmen gearbeitet habe und seit vorgestern wieder mit einem neuen
Programm arbeite, moechte ich eine kleine Zwischenbilanz ziehen. Grundlage
meiner Eroerterung ist dabei das Verhaeltnis von Funktionalitaet des Pro-
gramms und zusaetzlichem Aufwand der "blindenspezifischen" Konfiguration.

4PC-COM. Das Programm 4PC-COM ist fuer Baycom- und PC-COM-Modems geschrieben
und benoetigt keinen zusaetzlichen TNC-Treiber wie etwa TFPCX etc. Es ist im
SAA-Standard geschrieben, hat also eine mit der ALT-Taste oder Maus zu akti-
vierende Menueleiste. Innerhalb der Menues bewegt man sich mit den Richtungs-
tasten oder mit der Maus. Auch das Hin- und Herschalten zwischen den Kanaelen
ist mit der Maus am Einfachsten zu bewerkstelligen, wobei man auch mit den
Tastenkombinationen ALT-1 bis ALT-7 den Kanal wechseln kann.

Das Programm ist optisch mit Sicherheit wunderbar und fuer einen sehenden Anwen-
der sehr leicht zu bedienen. Fuer blinde Anwender ist es jedoch nicht sehr
leicht zu konfigurieren, da die Auswahlmarkierung in den Menues ausschliess-
lich mittels Softcursor erfolgt. Lediglich in Eingabefeldern wie Datei-
auswahl, CTEXT, PACLEN etc. wird der Hardcursor verwendet. Ein User muesste
also den Braille-Zeile- oder Sprachausgabecursor abkoppeln und ueber den
Bildschirm fuehren oder eine spezielle Anpassung schreiben, die den
Softcursor verfolgt.

Baycom. Das Baycom User-Terminal arbeitet ausschliesslich mit Texteingabe.
Es gibt weder Menues noch Datei- oder sonstige Auswahlfenster. Das kommt dem
blinden PR-Anwender sehr entgegen. Bei jedem Wechsel vom Sende- ins Empfangs-
oder Monitorfenster ist der Hardwarecursor aktiv. Baycom ist also sehr
einfach mit jeder Sprachausgabe und jeder Braille-Zeile voll erfassbar.
Probleme koennte es lediglich mit der HAL-Software fuer Sprachausgaben geben.
Bei diesem Bildschirmausleseprogramm koennte es notwendig sein, sich die
Cursorzeile mit dem Befehl ALT+L vorlesen zu lassen. Da Baycom auch alle
wichtigen Funktionen wie AUTO7-Save und AutoBin etc. bietet, ist es auch
fuer blinde Anwender durchaus zu empfehlen.

GP. Im Zusammenhang mit PR fuer Blinde ist bei Graphic Packet schnell alles
gesagt. GP arbeitet unter DOS, jedoch im Graphikmodus. Dies kann von den
Bildschirmausleseprogrammen nicht verwertet werden, da diese nur im Text-
modus arbeiten.

SP. Sigis Packet ist sicherlich das Terminalprogramm mit den meisten Konfi-
gurationsmoeglichkeiten. Ich testete die Versionen 6.50 und 9.00. Als beson-
ders komfortabel habe ich bei SP das Zurueckblaettern (backscroll) im QSO-
Fenster empfunden. Die zurueckgeblaetterten Zeilen bewegen sich an einer
Stelle des Bildschirms (am unteren Rand des QSO-Fensters) beim Blaettern am
Hardcursor vorbei, der dort statisch ist, sich also nicht in andere Bild-
schirmspalten oder -zeilen bewegt. Somit kann mit einer Sprachausgabe sehr
komfortabel gelesen werden, indem man die Shift-Taste gedrueckt laesst und
dabei mit den Richtungstasten nach oben und unten blaettert. Diese Methode
kann auch mit einer 80 Zeichen pro Zeile darstellenden Zeile wunderbar ein-
gesetzt werden. Dabei muss der Benutzer dann jedoch mit einer Hand lesen,
waehrend er mit der anderen Hand den Text ueber die Zeile bewegt.
Das Eingeben des Textes in den Vorschreibpuffer (oberer Bildschirmteil) wird
jedoch nicht vom Hardcursor verfolgt, sondern durch einen farblich hervorge-
hobenen Punkt. Falls man also Texte waehrend des Schreibens kontrollieren
moechte, muss der Cursor abgekoppelt und auf die Zeile gesetzt werden, in der
gerade geschrieben wird. Farbliche Hervorhebungen verwendet SP auch bei
der Dateiauswahl. Ansonsten eignet sich SP jedoch auch gut fuer die Benutzung
durch blinde Computer-Anwender. In SP werden die Befehle naemlich wie bei
Baycom mittels ESC-Befehl oder Tastenkombination gegeben und nicht wie bei
GP oder 4PC-COM ueber ein Menue.


WINGT. Windows, zumindest 3.x, wird auch fuer Blinde immer erschliessbarer.
Daher koennen diejenigen blinden PC-Benutzer, die unter Windows arbeiten,
auch mit dem Terminalprogramm WinGt arbeiten. Getestet wurde hier die Version
1.56B. Das Programm ist von der Struktur her eine typische Windows-Anwendung:
Menues, Schaltflaechen, Klickleisten fuer die Maus etc. Die Software bietet
ueberaus viele Konfigurationsoptionen. Durch die Menues und die Knoepfe, die
mit der Maus angeklickt werden koennen, werden die Eingaben von Befehlen ersetzt.
Fuer blinde XYLs, YLs und OMs, die moeglichst schnell und effektiv arbeiten
wollen, ist es aber eher recht schwierig, in einem Fenster zu navigieren und
sich durch ein Menue zu bewegen. Aus diesem Grunde ist also auf jeden Fall
die Arbeit mit einem Textmode-Programm zu empfehlen, in dem moeglichst viele
Befehle direkt von der Tastatur aus eingegeben werden.

TOP. The other Packet (Version 1.50 liegt mir hier vor) ist das einzige Ter-
minalprogramm, bei dem braille-zeilenspezifische Parameter im Setup des
Programms eingestellt werden koennen. Da das Programm ueber viele akustische
Signale (Ansage des connectenden Rufzeichens in Fonie etc.) verfuegt und den
Cursor je nach Einstellung verwendet, ist es sicherlich das Programm fuer
den blinden PR-Amateur. Da ich allerdings beim Aufruf von TOP Probleme mit
meinem Erweiterungsspeicher bekomme, konnte TOP nicht ausfuehrlicher getestet
werden. An dieser Stelle moechte ich mich jedoch ganz herzlich beim Autor von
The Other Packet bedanken, dass speziell an uns blinde Hams gedacht wurde.


AIR-TE. Beenden moechte ich meinen kleinen Testbericht mit dem Programm, mit
dem ich gerade arbeite: AIR-TE von Peter, Op/DG0LRY. Das Programm liegt mir
in der Version 1.20 (DOS) vor. Es ist auch nach dem SAA-Standard geschrieben
wie 4PC-COM. Auch bei AIR-TE werden die Menues durch Softcursor gesteuert,
optionale Zahlen wie z. B. Paclen koennen durch Betaetigen der Maus oder
der Richtungstasten verkleinert bzw. vergroessert werden. Somit gibt es noch
etwas weniger Hardcursorverwendung als bei 4PC-COM. Obgleich diese Tatsache
wieder sehr viele Spezialeinstellungen beim Ausgabegeraet des Blinden ver-
langt, ist das Programm zumindest "probierenswert". Durch Einstellung der
Farbhervorhebungen kann man - einfacher als bei 4PC-COM - erreichen, dass
man sich durch die Menues bewegen kann. Ausserdem bietet AIR-TE eine ganze
Reihe von einstellbaren Parametern. Bei AIR-TE gibt es darueber hinaus die
Moeglichkeit, durch Druecken der Taste <ESC> ein Fenster zu oeffnen, in dem
man einen TNC-Befehl eingeben kann.

Fuer Anfragen, Kritik zum Bericht oder weitere Erfahrungen mit PR-Software
bin ich selbstverstaendlich immer offen, Reply bitte in mein BBS.

VY 73 de Aleksander = Op/DG1SGB

<geschrieben mit dem AIR-TE-Editor>
(SOFTWARE) DG1SGB de DB0AAB>


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