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DJ6AR  > EMVG     07.09.06 00:21l 58 Lines 7311 Bytes #999 (360) @ DL
BID : J56YFADB0HHW
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Subj: Neues EMVG in 2007
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Sent: 060906/2201z @:DB0HHW.#SLH.DEU.EU [Uetersen JO43TQ] DP6.00 $:J56YFADB0HHW
From: DJ6AR @ DB0HHW.#SLH.DEU.EU (Christian)
To:   EMVG @ DL
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Neues EMVG auf der Grundlage der europäischen Richtlinie ?

Zu Beginn 2007 soll ein neues deutsches EMV Gesetz in Kraft treten, welches auf einer europäischen Richtlinie beruhen soll, die den Titel  hat :

* RICHTLINIE 2004/108/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 15. Dezember 2004 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und zur Aufhebung der Richtlinie 89/336/EWG

Die Funkamateure und auch alle anderen Funknutzer des elektromagnetischen Spektrums fragen sich natürlich, ob das Konsequenzen für den bislang gewährleisteten Funkschutz haben wird. Vor dem Erscheinen der Richtlinie waren diesbezüglich Zweifel angebracht. Es wurde befürchtet, der Funkschutz könnte aufgeweicht werden zugunsten neuer Systemkonzepte wie z.B. Powerline Communication (PLC).

Liest man die Richtlinie aufmerksam, so können diese Zweifel als ausgeräumt betrachtet werden, jedenfalls soweit es die Richtlinie betrifft. Bei der nachfolgenden nationalen Gesetzgebung aber scheinen solche Zweifel wieder angebracht zu sein.

Die Richtlinie macht in 3 Punkten eindeutige Aussagen. Das sind die Erwägungsgründe (2) und (3), sowie Artikel 5 (Grundlegende Anforderungen) :

* (2)  Die Mitgliedstaaten haben zu gewährleisten, dass Funkdienstnetze, einschließlich Rundfunkempfang und Amateurfunkdienst, die gemäß der Vollzugsordnung für den Funkdienst der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) tätig werden,  Stromversorgungs- und Telekommunikationsnetze sowie an diese Netze angeschlossene Geräte gegen elektromagnetische Störungen geschützt werden.

* (3)  Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zum Schutz gegen elektromagnetische Störungen sollten harmonisiert werden, um den freien Verkehr von elektrischen und elektronischen Geräten zu ermöglichen, ohne dass deshalb gerechtfertigte Schutzniveaus in den Mitgliedstaaten gesenkt werden müssen.

* Artikel 5 (Grundlegende Anforderungen/Anhang 1/Schutzanforderungen/1a) :
Betriebsmittel müssen nach dem Stand der Technik so konstruiert und gefertigt sein, dass die von ihnen verursachten elektromagnetischen Störungen keinen Pegel erreichen, bei dem ein bestimmungsgemäßer Betrieb von Funk-    und Telekommuni-kationsgeräten oder anderen Betriebsmitteln nicht möglich ist. (Anmerkung: Betriebsmittel sind Geräte und Anlagen)

Liest der Funkamateur diese drei Punkte im Zusammenhang, so kann er sich erst einmal beruhigt zurück lehnen, denn hier wird der Wille sichtbar, Funkdienstnetze auch weiterhin gegen elektromagnetische Störungen wirksam zu schützen.

Der Erwägungsgrund (2) erklärt dies in notwendiger übergeordneter Form.  Der Erwägungsgrund (3) bedeutet, dass die nationalen EMV Gesetze soweit harmonisiert werden sollten, dass ein freier Warenverkehr von elektrischen und elektronischen Gütern möglich ist, aber – und das ist das Entscheidende – ohne dass gerechtfertigte Schutzniveaus gesenkt werden müssen. Es lohnt sich, über diesen Punkt noch genauer nachzudenken.

Wie will man dann eine Harmonisierung erreichen? Theoretisch ist das denkbar, wenn ggf.  sogar eine Erhöhung des Schutzniveaus vorgenommen wird, d.h. wenn man sich an dem höchsten Schutzniveau in den Mitgliedstaaten orientiert. Damit aber könnten die Funkamateure und auch die anderen Funknutzer des Spektrums zufrieden sein.

Wie man auf www.darc.de den dort publizierten Vorstandsinformationen entnehmen kann, hat der Runde Tisch Amateurfunk (RTA) in seinen Kommentaren zu dem Gesetzentwurf auf die Unverzichtbarkeit der Erwägungsgründe (2) und (3) hingewiesen, leider aber nichtauf den Artikel 5.

Von besonderer Bedeutung ist jedoch der Artikel 5, offenbar wegen seiner Wichtigkeit als Grundlegende Anforderungen bezeichnet. Hier wird gefordert, dass keine Störpegel erzeugt werden dürfen, bei denen der bestimmungsgemäße Betrieb von Funk- und Kommunikationsgeräten nicht möglich ist.

Der äBestimmungsgemäße Betrieb“ im Amateurfunk und auch in anderen Funkdiensten ist der Weitverkehr (DX) bei Empfangsfeldstärken in der Nähe des Empfängerrauschens. Die grundlegenden Anforderungen nach Artikel 5 der Richtlinie bedeuten somit, dass Störpegel, wie sie z.B. von PLC Systemen zu erwarten sind, in gar keinem Fall toleriert werden können.

Es scheint sich offensichtlich eine Lösung anzubieten, die auf dem so genannten äNotching“ beruht, das ist das Ausblenden der Amateurfunkbänder aus dem Störspektrum bei PLC Systemen. Amerikanische Erfahrungen damit zeigen, dass dies eine unvollkommene Lösung ist. Es ist in USA nicht gelungen, alle Bänder einwandfrei im Sinne von Artikel 5 zu schützen.

Es handelt sich dabei übrigens nicht um elektronische Filter, die gerätebezogen konfiguriert werden. Die Störspektren von PLC sind zeit- und ortsabhängig, d.h. die Filter müssen dem Ort der Störung angepasst werden und sie müssen immer wieder verändert werden. Das erfordert eine ständige messtechnische Überwachung des Störspektrums. Daraus resultiert dann ein dauerndes Katz- und Mausspiel zwischen dem gestörten Funknutzer und dem PLC Betreiber. Die Frage stellt sich, wer macht das dann eigentlich und wollen wir so etwas wirklich ? Es empfiehlt sich darüber folgenden Bericht zu studieren:
www.arrl.org/tis/info/HTML/plc/files/BPL_paper.pdf    (BPL: The RFI Challenge)

Es ist daher unbedingt erforderlich, dass sich die Erwägungsgründe (2) und (3), sowie der Artikel 5 der Richtlinie im neuen deutschen EMVG wieder finden.  Sollte dies nicht so sein, so wäre das Demokratieverständnis der hiervon Betroffenen, insbesondere das der Funkamateure im europäischen und im nationalen Sinne, zutiefst erschüttert.

Die Funkamateure und alle anderen Funknutzer sollten sich darüber im Klaren sein, dass es mit dem bestimmungsgemäßen Betrieb vorbei ist, sollte es zu einer Senkung des Schutzniveaus im Funkschutz kommen. Alle Beteiligten dieser Interessengemeinschaft sollten die möglichen Wege beschreiten, um eine Fehlentwicklung in der Verabschiedung des neuen EMVG zu verhindern. DARC und RTA machen in dieser Hinsicht, was in ihrer Macht steht.

Es kann aber nicht verkehrt sein, wenn Funkamateure, denen in der Sache das Schreiben eines Briefes wert ist, sich direkt an Politiker ihres Vertrauens wenden. Im Entstehungsgang der europäischen Richtlinie wurde ebenfalls zu einer Briefaktion aufgerufen. Es ist nicht direkt feststellbar, ob diese Einfluss auf das immerhin positive Ergebnis gehabt hat, aber es ist auch nicht auszuschließen.

Im Entstehungsgang der Richtlinie wurde auch von der ADDX e.V. eine Petition an das europäische Parlament auf den Weg gebracht. Eine Petition an den Deutschen Bundestag könnte nun ebenso erwägenswert sein. Die der Bedeutung angemessene Interpretation dervorgenannten drei Punkte aus der europäischen Richtlinie scheint bislang nicht hinreichend erfolgt zu sein. Bei den Bemühungen in dieser Sache sollte man sich darauf konzentrieren.

Dies ist die Sichtweise eines einzelnen Funkamateurs, der an der Textgestaltung des EMVG nicht beteiligt ist, der aber verfügbare Informationen darüber ausgewertet hat. Kommentare dazu sind erwünscht.



Christian

DJ6AR	                                                                                                                      01.09.2006





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