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DB0FHN

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DJ7KA  > LINKTRX  24.08.95 18:01l 201 Lines 12396 Bytes #999 (0) @ DL
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Subj: 10 Ghz 76k8 so geht's
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10 GHz Interlink für Packet-Radio
Überlegungen und Realisierung

Warum?
Die verfügbaren Frequenzen für Interlinks im 23cm-Band sind in vielen Regionen
Deutschlands fast vollständig vergeben. Außerdem ist die praktisch einsetzbare
Übertragungsrate, bedingt durch das 50 kHz-Kanalraster und 30 kHz breite ZF-
Filter, auf 19200 Baud begrenzt. Für die Anbindung neuer Digipeater und/oder
höherer Datenraten bleibt als Ausweg nur die Verwendung höherfrequenter Bänder.
Da wegen Problemen mit den Primärbenutzern die Bänder um 2,4 und 3,4 GHz für
Interlinks nicht zur Verfügung stehen, wurde von einigen Amateuren das 6cm-
Band (ca. 5,6 GHz) vorgeschlagen. Ende 1994 gab es dazu nur ein relativ auf-
wendiges (Frequenzaufbereitung) und für hohe Datenraten nicht verwendbares
Konzept (Phasenmodulation des Senders). Die für diesen Frequenzbereich erfor-
derlichen Mikrowellenteile sind relativ teuer. So kostet allein ein Hornstrah-
ler zur Ausleuchtung eines Parabolspiegels ca. DM 220,-.
Schon wegen der Kosten haben wir dieses Projekt nicht weiter verfolgt. Uns
schwebte ein möglichst billiger Interlink über eine relativ kurze Entfernung
vor. Konkreter Anlaß war eine Verbindung zwischen einem Hochhaus in Tübingen
(Standort von DB0AAA) und einem Hochhaus in Reutlingen (DB0PRT) über eine
Entfernung von ca. 14 km bei optischer Sicht.
Die Lösung lag paradoxerweise auf einer noch höheren Frequenz: 10 GHz.

Eigenschaften des 10 GHz-Bandes (3cm):
Großer Frequenzbereich verfügbar, z.B. 2 Subbänder zu je 100 MHz für Daten-
übertragung.
Wenig sonstige Benutzer, meist ATV-Amateure.
Hoher Gewinn mit kleinen Antennen erreichbar. So hat z.B. ein 60cm-Parabol-
spiegel einen Gewinn von ca. 33 dB bei 3ø Öffnungswinkel.
Für sichere Verbindung ist allerdings optische Sicht unbedingt erforderlich.
Dauerhaft sicher überbrückbar dürften nur Entfernungen bis ca. 50 km sein.
Der Hauptvorteil des 10 GHz-Bandes ist aber folgender:
Vom oberhalb angesiedelten TV-Satellitenbereich (10,7...12,75 GHz) stehen
viele Mikrowellenbauteile billig zur Verfügung. Benutzt man die bei den TV-
Satelliten und den TV-Amateuren verwendete FM-Breitbandtechnik, lassen sich
auch die Satellitenreceiver und, nach Umbau, manche LNCs verwenden.

Realisation:
Durch Kauf von 2 Stück Astra-Billiganlagen zu je DM 198,- kamen wir zu
zwei Sat.Receivern und zwei 60 cm Offset-Parabolspiegeln. Zwei Single-LNBs
lagen auch noch bei, die aber für unsere Zwecke nicht verwendbar waren.
Im Gegensatz zu einer Sat.-Anlage, wo nur empfangen wird, muß bei einem
Interlink auch gesendet werden. Das bedeutet, daß bei einer Parabolantenne
das Sende- als auch das Empfangssignal in einen Brennpunkt gebracht werden
muß. Als Lösung wurde eine Polarisationsweiche (engl. orthogonal mode trans-
ducer, OMT) mit Feedhorn im Brennpunkt befestigt. Bei früheren Satelliten-
Empfangsanlagen wurden damit die beiden vom Satelliten ausgestrahlten Pola-
risationen (hor. + vert.) getrennt und an je einem Rechteckhohlleiter (Typ
R 120 bzw. WR 75) herausgeführt. Dort wurden dann getrennte LNCs für die hori-
zontal und vertikal empfangenen Programme angeschlossen.
Für unsere Zwecke haben wir an einen Hohlleiterausgang einen für 10 GHz umge-
bauten LNC und an den anderen den Sendebaustein angeschraubt. Das bedeutet,
daß Sendung und Empfang mit unterschiedlicher Polarisation erfolgt. Auf der
Gegenseite müssen LNC und Sender dann natürlich auf den umgekehrten Anschlüssen
montiert werden, sonst fehlen einem ca. 30 dB Pegel..... (hi).
Die OMTs konnten bei einem Großhändler als Restposten günstig erworben werden.

Empfänger:
Den umgebauten LNC haben wir fertig von Frank Köditz aus Giessen bezogen.
Die Oszillatorfrequenz beträgt 9,05 GHz und die Rauschzahl liegt unter 0,8 dB.
Zum Preis von DM 249,- konnten wir damit ein Top-Teil zu einem fairen Preis
erwerben. Damit war das schwierigste auf der Empfängerseite schon mal erledigt.
Das herabgemischte Ausgangssignal des LNB (950...1450 MHz) wird wie bei Sat.-
Anlagen üblich mit 7mm-Koaxkabel zum Sat.-receiver geführt. Das Datensignal
wird dem Basisbandausgang des Receivers entnommen und dem Modem zugeführt.

Sender:
Der Sender ist an Einfachheit kaum zu überbieten: Ein einzelner FET schwingt
auf der Sollfrequenz und wird direkt moduliert (FM). Stabilisiert wird der
Oszillator durch einen dielektrischen Resonator, eine kleine weiße Pille aus
Spezialkeramik. Durch Annäherung einer Metallschrauben läßt sich die Resonator-
frequenz in geringen Grenzen verschieben. Solche Oszillatoren befinden sich
in jedem LNC bzw LNB einer Sat.-Empfangsanlage. Je nach mechanischem Aufbau
läßt sich eine Frequenzstabilität von < 1MHz erreichen.
Nähers zu diesem Oszillatortyp (DRO) kann z.B. in UKW-Berichte 3/92 nachgelesen
werden (Artikel von Denys Roussel, F6IWF).
Zum Aufbau haben wir 2 St. DRO-Bausätze zu je DM 169,-, ebenfalls von Frank
Köditz, verwendet. Der Einbau erfolgte in ausgebeinten Gehäusen von defekten
LNCs. Damit hatten wir den passenden Hohlleiteranschluß für den OMT. Die mecha-
nische Bearbeitung und Einpassung des Oszillators nahm trotzdem einige Stunden
Zeit in Anspruch.
Die Senderausgangsleitung soll ca. 20 mW betragen. Mangels Meßmöglichkeit konn-
te das bis jetzt noch nicht überprüft werden. Verstärkt durch 33 dB Spiegel-
gewinn ergäbe das eine Strahlungsleistung von 40 Watt. Nicht schlecht, oder?

Modem
TV-Amateure benutzen DRO-Sender schon einige Zeit und modulieren diese direkt
mit dem Videosignal mit einem Pegel von 1 Vss. Statt eines Videosignal können
natürlich auch Daten aufmoduliert werden. Beim üblichen DF9IC / G3RUH - Modem
liegt das Frequenzspektrum am untersten Ende der möglichen Modulationsfrequen-
zen, Sende- und Empfangsseitig sollte fast 0 Hz noch übertragen werden können.
Das schafft unnötige Probleme. Das Modulationsspektrum sollte also möglichst
weit weg von 0 Hz nach oben verlagert werden. Von Gerald Ruscher DL7VGN
kam der Vorschlag, Manchester-Kodierung des Datensignals durchzuführen. Bei
diesem Verfahren baut sich das Spektrum um die Frequenz der Datenrate herum
auf, fängt also nicht bei Null an. Je höher man die Datenrate wählt, umso wei-
ter entfernt man sich von den tiefen Frequenzen. Damit können die Koppelkonden-
satoren verkleinert werden, was die Sende- Empfangsumschaltung beschleunigt.
Die hohe Datenrate ist also mehr ein "Abfallprodukt". Es bestand keine Notwen-
digkeit, tatsächlich große Datenmengen auf der Strecke zu übertragen.
Realisiert wurde die Manchester-Kodierung durch ein umgebautes DF9IC-Modem
von Landolt, das auf 76k8 gejumpert und mit doppelter Taktfrequenz betrieben
wurde. Dies ergibt eine Bitrate von 153k6. Durch die Manchester-Kodierung ver-
ringert sich die Datenübertragungsrate allerdings auf die Hälfte, also 76k8.
Henning Rech DF9IC brannte uns 3 GALs für Manchester-Kodierung, die wir an-
stelle der G3RUH-GALs in das Modem einsetzten. Natürlich mußten auch die Tief-
paßfilter im Sende- und Empfangszweig des Modems für die hohe Bitrate modifi-
ziert werden, wofür wir ebenfalls von Henning wertvolle Hinweise erhielten.
Das Modem liefert die zur Modulation benötigte Ausgangsspannung von 1 Vss, die
über einen Emitterfolger ausgekoppelt auf den für 75 Ohm ausgelegten Eingang
des Senders gegeben wird. Über diesen Eingang wird auch die Betriebsspannung
zugeführt, die über die PTT und einen PNP-Transistor geschaltet wird.

Erste praktische Versuche
Nachdem zwei DROs fertig aufgebaut und abgeglichen waren, wurden diese mit den
umgebauten Modems verbunden, die zuerst durch angesteckte TNCs 2C (+ PCs) ange-
steuert wurden. Die Empfangs-LNCs brauchten nur mit den Sat.-receivern verbun-
den werden und dessen Basisbandausgänge mit den Modemeingängen.
Beide Stationen waren in benachbarten Zimmern aufgebaut worden, die Feedhörner
zeigten "irgendwo hin", nur nicht zueinander.
Nachdem die installierten Packet-Programme von durchsatzhemmenden Ballast
befreit wurden, war sofort ein connect und danach Datenaustausch möglich.
Wegen der mit 9k6 maximalen Baudrate des TNC und der Manchester-Kodierung war
die effektive Übertragungsrate allerdings auf ca. 3300 Baud begrenzt.
Die Übertragung war sehr stabil. Nach provozierten Unterbrechnungen (Hand vor
das Feedhorn) wurde der Datenaustausch sofort wieder aufgenommen.
Obwohl der Sender komplett über die Betriebsspannung getastet wurde, gab es
keine Einschwingprobleme. Das TX-delay konnte bis auf 3 reduziert werden!
Die Ergebnisse waren sehr positiv und übertrafen unsere Erwartungen.
Später wurden anstelle der TNCs RMNC-Karten angeschlossen, die eine höhere
Datenrate zuließen. Der Datenengpaß liegt bei unserem 10 GHz-Konzept nicht im
Sender oder Empfänger, sondern in der angeschlossenen Peripherie, z.B. RMNC.

Inbetriebnahme
Leider erst einige Monate nach den ersten Versuchen im Haus konnten die Para-
bolantennen an den vorgesehenen Standorten installiert werden. Die Antennen
wurden zuerst nur grob nach Sicht (zum Glück lag sie über 14 km ...)
ausgerichtet. Auf Tübinger Seite wurde am AGC-Ausgang des Reveivers ein Volt-
meter (= S-Meter) angeschlossen. Als der Reutlinger Sender auf Dauerbetrieb
geschaltet wurde, sprang sofort das Voltmeter in Tübingen nach oben. Durch
genaueres Ausrichten beider Antennen konnte der S-Wert noch verbessert werden.
Der Empfangspegel dürfte mindestens S9 betragen (Eichung fehlt) und liegt
deutlich über den empfangenen Pegeln von TV-Satelliten.
Anschließende Connectversuche und Datenaustausch scheiterten leider, weil an
einem Modem der PTT-FET (BS 107) durch Unachtsamkeit "abgeschossen" wurde.
Als Notbehelf wurde dann der Sender auf Dauerbetrieb geschaltet. Zu unserer
Überraschung war dann Datenaustausch möglich, obwohl der Sender, nur durch
den OMT entkoppelt, den LNC mit ganz schön Pegel beaufschlagt haben dürfte.
Die Linklaufzeit war allerdings schlecht, wir waren aber erstaunt, daß es
überhaupt ging.
Inzwischen wurde das defekte Modem repariert, so daß weitere Versuche unter
realen Bedingungen durchgeführt werden können.

Einige technische Details
Die Frequenzen des Interlinks befinden sich jeweils in der Mitte der für
Datenübertragung vorgesehenen Bereiche: 10,050 und 10,300 GHz.
Die belegte Bandbreite liegt bei knapp +-3 MHz. Übliche Sat.-receiver haben
eine ca. 3x so große Bandbreite. Dadurch können Frequenzdrifts aufgefangen
werden. Nachteilig ist die geringere Empfindlichkeit des Empfängers, was durch
die hohe Feldstärke aber keine große Rolle spielt.
Übliche Offsetspiegel können leider nicht auf eine Elevation von 0ø, wie für
einen Interlink notwendig, eingestellt werden. Die Parabolantennen wurden
daher auf einen kleinen L-förmigen Seitenausleger montiert. Dessen Masthalte-
rung wurde um ca. 25ø verdreht neu am horizontalen Rohr befestigt, so daß der
vertikale Teil (an dem der Spiegel anmontiert wird) um ca. 25ø nach vorne ge-
neigt ist. Dadurch kann die Abstrahlung des Spiegels auf 0ø gebracht werden,
indem die Azimuteinstellung am Spiegel auf die erwähnten ca. 25ø fixiert wird.

Erweiterungsmöglichkeiten
Der 10 GHz Interlink wurde für Halbduplexbetrieb geplant. Vollduplexbetrieb
ist evt. durch einzufügende Sperrfilter in die Hohlleiterzweige erreichbar.
Dies ist jedoch recht aufwendig, vergrößert das schon jetzt recht voluminöse
Sende- und Empfangssystem im Brennpunkt (verglichen mit den heute üblichen
LNBs für Sat.-Empfang) und entfernt sich von der ursprünglichen Absicht, einen
möglichst billigen interlink über kurze Strecken zu realisieren.
Bei kurzen Entfernungen können natürlich auch kleinere Spiegel genommen werden.
Ideal wären ca. 40cm große Spiegel mit Cassegrain-Subreflektor, wie sie teil-
weise bei Camping-Sat.-Anlagen benutzt werden. Diese müßten einen C-120 -
Rundhohlleiter-Anschluß haben, damit der OMT direkt angeflanscht werden kann.
Dann würde sich das Speisesystem windgeschützt hinter dem Spiegel befinden.
Kennt jemand so einen Spiegel, ohne daß man gleich den Rest der Camping-Sat.-
Anlage mitkaufen muß?

Am Projekt Beteiligte
Am 10 GHz Interlinkprojekt der Tübinger Packet Radio Interessen Gruppe
waren bzw. sind immer noch folgende Funkamateure beteiligt:
DF 5 TY   Jürgen Martens
DF 3 GT   Thomas Grund
DL 7 VGN  Gerald Ruscher
DJ 7 KA   Uli Wandel
DF 9 IC   Henning Rech
DK 6 TE   Claus Prantner
und noch weitere OMs hinter den Lötkolben, Bohrern und Tastaturen.

Ansprechpartner fuer dieses Projekt ist Juergen DF5TY @ DB0AAA

VY 73 Uli DJ7KA @ DB0AAA


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